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Lesejahr B 2014/15 bis 2015/11

Predigt - Homilie am 3.Advent zu Jes 61,1-11 in Kleinsendelbach St. Heinrich Seelsorgebereich Augustinus Neunkirchen am Brand

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Der Verheissung Gottes trauen [1]

1 Kleider machen Leute

         So jedenfalls behauptet ein bekanntes Sprichwort. Es will sagen: Mit unseren Kleidern bringen wir Menschen  zum Ausdruck, wer wir sind bzw. wer wir gerne sein möchten.

         Offenbar also ist es nicht unwichtig, wie einer sich kleidet. Bei Mitarbeitern der Banken oder in Wirtschaftsbetrieben wird Wert darauf gelegt, dass diese sich ordentlich kleiden. Manche Beamte, Polizisten oder Bahnbedienstete, müssen in ihrer Dienstzeit  eine Uniform tragen. Aber auch in unserer Freizeit spielen Kleider eine wichtige Rolle.

         Wird ein Fest gefeiert, ziehen sich die meisten von uns auch dementsprechend an. Selbst diejenigen, die sich an Festen betont lässig kleiden, wollen damit etwas zum Ausdruck bringen. Manche Feste haben sogar traditionelle Festtagskleider. Denken wir nur an das weiße Kleid bei der Erstkommunion oder das Brautkleid bei der Hochzeit.

         Offenbar sagen Kleider viel über uns aus: Wer wir sind oder wer wir sein möchten. Ob wir ein Fest feiern.  Oder auch dass wir uns durch unsere Kleidung von anderen unterscheiden. Oder wie es beim Auftreten von Stars üblich ist, um auffallen, Schlagzeilen zu machen.

2 Gewänder des Heils

Kleider spielen auch in der 1. Lesung des heutigen Sonntags eine wichtige Rolle. Sie sind Bilder für das, was Gott dem Boten seiner frohen Nachricht schenkt. Angesichts dieses Geschenkes will sich der Verfasser „von Herzen freuen über den Herrn und in Jubeln ausbrechen über seinen Gott.“ [2]

Den Grund seiner Freude und seines Jubels erfahren wir im darauf folgenden Vers:  ”Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt.”

3 Wer ist das, der so spricht, so sprechen kann?

       Bedenken wir,  in welcher Zeit unser gut 2500 Jahre alter Text verfasst wurde.          Damals war dem Volk Israel gerade gestattet worden, aus der Gefangenschaft in Babylon heimzukehren. Vorbei ist also die Zeit der Unterdrückung. Das Volk lebte wieder in Freiheit. Aber zu welchem Preis?

3.1 Das Land war verwüstet,

       die heilige Stadt Jerusalem lag noch in Trümmern. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, brauchen wir uns nur an die ersten Jahre nach dem 2.Weltkrieg zu erinnern, wie es in unserem Land kurz nach Kriegsende ausgesehen hat. Oder daran, welche Not und welche Verwüstung nach dem Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien herrschten.

         So etwa muss es in Israel kurz nach der Befreiung aus der babylonischen Gefangenschaft ausgesehen haben. Keiner wusste so recht, wie es weitergehen sollte. Zwar waren die Israeliten frei - aber wie sah diese Freiheit aus? Um es im Bild zu sagen: Das Volk hatte alles andere als Festtagsgewänder oder gar Brautkleider an. Es saß vielmehr in zerrissenen und zerfetzten Lumpen da.

3.2 Die Seele in Lumpen

       Ob dieses Bild von den zerfetzten Lumpen manchmal nicht auch auf unsere eigene Situation übertragbar ist? Etwa dann, wenn jemand tief traurig und verletzt ist, weil er  nicht mehr beachtet wird.

Wenn jemand plötzlich arbeitslos geworden ist und das Gefühl hat, nicht mehr gebraucht zu werden.

Wenn junge Menschen nach vielen Bewerbungen wegen fehlender Zuverlässigkeit oder mangelnder Eignung immer noch keine Arbeit gefunden haben.

Wenn jemand von seinem Ehepartner/in ständig betrogen und verlassen wird.

Oder wenn jemand plötzlich von einer schweren lebensbedrohlichen Krankheit heimgesucht wird.

Ob wir dann nicht auch Menschen gleichen, deren Seele eben nicht in ein kostbares oder auch wärmendes Gewand gekleidet ist, sondern stattdessen in Lumpen, so dass die Seele friert?

Und dennoch sagt der Prophet

3.3 Ich will mich freuen im Herrn

       Umso erstaunlicher ist es, dass angesichts einer tiefen Depression des Volkes Israel einer sagen konnte: „Von Herzen will ich mich freuen über den Herrn. Meine Seele soll jubeln über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt.

Woher rührt solche Zuversicht?

         Wie kommt jemand dazu, so etwas zu sagen? Die Antwort entnehme ich den ersten Versen der heutigen Lesung. In diesem Teil spricht ein Prophet zu Israel, dessen Namen wir nicht kennen. Die Theologen nennen ihn ”Tritojesaja”, den dritten Jesaja.

Dieser der sagt von sich: ”Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ [3]

         Das also ist der Grund für die Zuversicht Israels: Dass Gott einen Propheten gesandt hat, der die Menschen tröstet und stärkt, der ihnen eine Perspektive gibt und ihnen Mut macht. Von dieser Zusage Gottes gestärkt, bricht das Volk Israel auf in eine neue Zukunft und freut sich wieder am Herrn.

4 Zuversicht für uns

Auch uns Christen ist solches zugesagt. Denn Jesus nimmt den ersten Teil unserer Lesung in seiner Antrittspredigt in Nazareth wieder auf. Nachdem er den soeben gehörten Jesajatext verlesen hatte, bezieht er diesen auf sich selbst, was die Empörung seiner Zuhörer hervorruft.

4.1 Wenn wir uns auf Jesu Botschaft einlassen,

werden auch wir erfahren, dass er uns tröstet und stärkt, uns eine neue Lebensperspektive gibt und uns Mut macht.

Freilich einen Hacken hat die Sache: Es hängt viel davon ab, ob ich zu mir selbst komme, zur Stille finde, Zeit habe, ihm meine Seele hinzuhalten. Paulus will uns in der zweiten Lesung dazu ermutigen, indem er schreibt: „Freut Euch zu jeder Zeit. Betet ohne Unterlass!“ Froh und frei wird nur, wer sich in jeder Situation an Gott wendet und sich vor ihm ausspricht, im Klagen und Danken, im Bitten und im Lobpreis.

Wenn ich mich aber von der Hektik, dem Kaufrausch, jedem Impuls, der von außen kommt, nachgebe, mich von dem nach Außen-Gewendet-Sein gefangen nehmen lasse, verliere ich meine Offenheit für meinen Schöpfer und Erlöser, für das, was er wirklich von mir will. Und dies liegt oft direkt vor uns.

Es wird helfen, wenn ich mir den Zuspruch Gottes durch den  Propheten Jesaja zu Herzen nehmen: „Denn so spricht der Herr, der Heilige Israels: Nur in Umkehr und Ruhe liegt eure Rettung, nur Stille und Vertrauen verleihen euch Kraft.“ [4]

4.2 Wenn ich zu Gott umkehre, werde ich zur Ruhe

 kommen. Erst aus dem  Stillwerden vor Gott wird Vertrauen in das Leben und die Zukunft wachsen. Vor ihm werde ich mich fragen: Was ist jetzt notwendig? Ist es mit der Liebe zu Gott und zum Nächsten vereinbar? Hinterfrage ich mein Wollen und Strebe, welche Folgen es für die Betroffenen hat?

Die Heilige Teresia von Avila, die Paul VI 1970 als erste Frau zur Kirchenlehrerin erhoben hat, trug folgenden Wahlspruch immer bei sich: „Nichts soll dich ängstigen, Nichts dich erschrecken, Alles vergeht, Gott bleibt derselbe. Geduld erreicht alles. Gott allein genügt.“

Wenn wir im Advent auch die Stille suchen, die Hektik ablegen, nicht unüberlegt handeln, auch nicht unüberlegt kaufen,  sondern uns vertrauensvoll in die Nähe Gottes begeben, dann wird in der Heiligen Nacht das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht.“ nicht zum hohlen Gedöns, sondern es bewahrheitet sich, was wir singen: „Christ, der Retter ist da.“!

Wir werden unseren Heiland und Erlöser als den Anwesenden, für uns geboren und uns von Gott geschenkt erfahren.

Dann werden auch wir trotz aller irdischen Belastungen und Verluste sagen können: „Ich will mich freuen im Herrn, es juble meine Seele in meinem Gott.“[5]

[1] Homilie zu Jes  61,1-11
[2] Jes 61,10
[3] Jes 61,1 vgl. Lk 4,18-19
[4] Jes 30,15
[5] Jes 61,10