PredigtenÜbersichtLesejahr B 2014/12 bis 2015/11Predigt - Homilie zu 1 Sam 3,3b–10.19 am 2.Sonntag B2015 in St. Michael Neunkirchen a.Br.
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HÖREN UND NACHFOLGEN 1
1. Menschliche Erfahrungen
Es gehört zu den schönsten Komplimenten, wenn uns jemand sagt: Du bist ein guter Zuhörer, eine aufmerksame Zuhörerin.
1.1 Es gibt die schlimme Erfahrung
Menschen, die sich liebten haben einander nichts mehr zu sagen. Das Gespräch zwischen ihnen ist verstummt. Es geht nicht mehr zu Herzen. Die Liebe ist gestorben. Es ist wie der Tod. Eltern klagen oft: „Mein Sohn, meine Tochter hört mir nicht mehr zu. Was ich sage, geht zum einen Ohr hinein und zum anderen hinaus. Zwischen uns stimmt es nicht mehr.“
1.2 Damals in Israel
so heißt es im ersten Buch Samuel „war das Wort des Herrn eine Seltenheit geworden.“ Hat sich Gott von seinem Volk zurückgezogen? Die Frommen des Alten Bundes wussten um die fatalen Folgen des Schweigens Gottes: "Wenn du schweigst, werde ich denen gleich, die längst begraben sind."[2]
1.3 Aber schweigt Gott wirklich?
Auch heute spricht man von einer Zeit des Schweigens Gottes oder auch von der Abwesenheit Gottes.
Könnte es nicht sein, dass die Menschen die Fähigkeit verloren haben, auf Gott hinzuhören? Spricht nicht die Schrift des AT und NT, ja Jesus selbst ausdrücklich davon, dass die Menschen wegen ihres verhärteten Herzens nicht mehr fähig sind, Gottes Stimme zu vernehmen. Jesus klagt "Habt ihr denn keine Augen, um zu sehen, und keine Ohren, um zu hören? Erinnert ihr euch nicht."[3]
Wie sehr die Hörfähigkeit verloren gegangen war, zeigt die Samuelgeschichte. Da ergeht der Ruf Gottes an Samuel. Aber er erkennt ihn nicht. Auch sein Lehrer Eli weiß zunächst keine Deutung. Erst beim 4. Anruf antwortet Samuel von Heli angeleitet "Rede Herr dein Diener hört.“[4] Was wir nötig haben ist
2 Die Bereitschaft zum Hören
Gott kommt und nimmt seine Diener und Dienerinnen aus den Menschen um Heil und Gericht zu vollziehen. Vom Menschen verlangt er die Bereitschaft zum Hören; denn er hat uns „das Gehör eingepflanzt.“[5] Es ist für uns lebens- und heilsnotwendig, dass wir hörbereit werden, sind und bleiben. Aber wir müssen
2.1 Die Hörfähigkeit einüben
Deshalb werden wir alle – Prediger wie Hörer - das Hören des Wortes Gottes immer wieder neu einüben. Das über der ökumenischen Bibellese 2015 stehende Losungswort aus dem Römerbrief ermutigt genau auf Gottes Wort hinzuhören. „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“[6]
2.1.1 Wir hören – wir sind angenommen
Wenn ich erfahre, dass ich mit meinen Grenzen und Schwächen, trotz meiner Fehler und Sünden von Gott angenommen bin, werde ich auch den Bruder und die Schwester mit ihren Grenzen und Schwächen, ihren Fehlern und Sünden annehmen. So angenommen und einander annehmend, weil und wie Christus uns angenommen hat, werden wir fähig Gott aus ganzem Herzen zu loben und anzubeten.
2.1.2 Wir lernen – uns anzunehmen
Wer sich angenommen weiß, wird hörfähiger. Dies zeigt uns die Samuelgeschichte in der heutigen Lesung. Erst als der Höhepriester Heli Samuel und das, was er gehört hat, ganz ernst nimmt und mit Gott in Verbindung bringt, öffnet sich Samuel für den Ruf Gottes und bittet „Rede Herr, dein Diener Hört.“
2.1.3 Die Hörfähigkeit einüben
Johannes der Täufer geht in die Einsamkeit der Wüste hinaus. Nicht um eine Schau abzuziehen, schlüpft er in ein Bußgewand und lebt so spartanisch, sondern um in der Einsamkeit und Einfachheit erst einmal zum Hören fähig zu werden, in einer Zeit, da niemand mehr ein Wort von Gott hatte, da es keine Propheten mehr gab.
Es gab zwar viele Leute, die viel wussten, die theologisch gebildet waren, aber nur wenige, die mit ihrer ganzen Existenz sich Gott anvertrauten und zur Verfügung stellten. Es ist in unserer Zeit nicht anders.
2.2 Von Johannes können wir lernen.
2.2.1 Das Wort Gottes ist keine alltägliche, selbstverständliche Sache
Wortverkündigung hat eine andere Qualität als die kommunale Wasserversorgung oder das Telefonnetz, bei denen jeder, der die Taxe bezahlt hat und angeschlossen ist, nach Belieben den Hahn aufdrehen oder den Knopf drücken und sich versorgen kann.
Gott behält sich durchaus die Freiheit vor, sein Wort zu erteilen und zu entziehen. So wie der Geist Gottes weht, wo er will, so ist es auch mit Gottes Wort. Gott redet, macht sich vernehmbar, wo er will.
Bevor wir in unseren Familie und Gemeinschaften einander gute Ratschläge erteilen oder Ermahnungen zusprechen, sollten wir erst einmal Gott bitten, er möge uns gute Zuhörer sein lassen, das rechte Wort in den Mund legen und dem Ehepartner oder den Kindern und Enkeln ein hörendes Herz geben.
Nicht von ungefähr bitten wir in unseren Gebeten und Liedern, um das Geschenk des rechten Hörens. "Herr, gib uns Mut zum Hören, auf das, was du uns sagst."[7] Von Johannes können wir zum Zweiten lernen
2.2.2 Der Mensch kann sich auf das Wort Gottes einstellen.
Für junge Menschen – für uns ältere schon – ist es kein Problem, den Fernseher, den Videorekorder, das Radio so zu programmieren, einzustellen, dass optimaler Empfang gewährleistet ist.
Um für Gott empfangsbereit zu sein, bedarf es des inneren sich Sammelns und eines Akts des Glaubens: Ich bin ganz ruhig. Ich bin ganz bei mir. Gott, ich glaube, dass du da bist und mich liebend anschaust. Gib mir jene Haltung, die Heli seinem Schüler Samuel gelehrt hat: "Rede, Herr, dein Diener hört."
Wahrscheinlich reden wir vor Gott zuviel und hören zu wenig.
2.2.3 Gott redet „auf vielerlei Weise", heißt es Hebr 1,1.
Er redet in der Werken seiner Schöpfung. im Wort der Bibel und der Kirche, vor allem durch die Person Jesu, durch sein Wort und Leben. Er spricht uns an durch unsere Mitmenschen, durch Freud und Leid, durch Geburt und Sterben, wenn wir vor Freude Lachen oder Weinen.
2.2.4 Wie vernehmen wir sein Wort?
Um sein Wort zu vernehmen - das gilt für den Prediger genau so wie für den Hörer - muss es in uns still werden, wie es in der Wüste still ist;
wir werden alles von uns wegtun, was uns vom Wesentlichen ablenkt.
Wir werden in unserem Lebensbereich Zeiten der Stille und der Besinnung suchen und schaffen.
Wir werden uns nicht der ständigen Ablenkung durch die Medien aussetzen. So verhindern wir, vom Grund unseres Daseins abgelenkte und schließlich von irdischen Mächten gelenkte Menschen zu werden.
2.2.5 Zu oft hören wir nur auf unsere eigene Stimme,
unsere Gedanken und Impulse, Wünsche und Vorstellungen, oder lassen uns berieseln, weil wir Angst vor der Stille haben. Wer aber Gott liebt, der forscht nach den Plänen und Wünschen Gottes. Johannes lehrt uns das Stille-Werden, das Mehr-sein-wollen als nur ein Schilfrohr, das im Winde hin- und herbewegt wird.[8]
2.3 Das Verfallensein an unsere Triebe zerstört die Hörfähigkeit
Paulus nahm in seiner heidnischen Umwelt wahr, dass durch die Unzucht Menschen hörunfähig für Gott werden. Der Missbrauch und die Willkür auf dem Gebiet des Geschlechtlichen machen den Menschen innerlich unfrei.
Christliches Menschsein aber vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen
3 Berufung und Nachfolge
Die Berufungsgeschichte der ersten Jünger zeigt uns, wie aus dem Hören Berufung wird.
3.1 Johannes weist seine Jünger auf Jesus hin: „Seht das Lamm Gottes.“ Seht da ist der zum Lamm gewordene von Gott kommende Messias. Durch ihn stellt sich Gott auf die Seite der Menschen.
Jesus lädt die von Johannes kommenden Jünger ein, bei ihm zu wohnen, also in enger Lebensgemeinschaft mit ihm zu sein; denn nur so werden sie gewahr, wer er ist; wird sein Wort Gewicht bekommen und sie wirklich berühren. Und er macht sie zu seinen Sendboten.
3.2 Jeder von uns hat seine Berufungsgeschichte
sonst wären wir nicht hier. Aus dem Munde unserer Eltern, unserer Priester und Religionslehrer und Katechetinnen, oder von Freunden und Bekannten, haben wir den Ruf vernommen und sind ihm ein Stück weit gefolgt.
Jeder von uns hat auch seine persönliche Glaubensgeschichte mit ihren Höhen und Tiefen, mit ihren Freuden und Leiden, mit ihren Gewissheiten und Zweifeln. Da geht es uns nicht anders als den Aposteln. Wer dem Ruf des Herrn folgt, wird mit ihm wachsen und reifen.
3.3 Was dem Samuel geschah, kann auch uns geschehen
Sooft wir uns hör- und dienstbereit dem Anruf des Herrn stellen, können wir einen Augenblick erleben, in dem die Vielheit und Mehrdeutigkeit der täglich an unser Ohr dringenden Stimmen aufgehoben und überwunden sind. Wir erkennen: Gott ist da. πSeine liebende Hand liegt auf mir. Ich bin sein. Er hat seinen Plan mit mir. Er gibt meinem Leben Weisung und Richtung, sein Wort und sein Geist erfüllen und leiten mich.
Darüber sollten Eltern mit ihren Kindern, Großeltern mit ihren Enkeln, Paten mit ihren Paten frühzeitig sprechen. Dann könnten diese die Erfahrung machen, dass Gott mit ihnen ist.
Von Samuel heißt es: „Er wuchs heran, und der Herr war mit ihm und ließ keines von all seinen Worten unerfüllt.“[9]
[1] 1. L 1 Sam 3,3b–10.19; 2. L 1 Kor 6,13c–15a.17–20; Ev Joh 1,35–42 [2] Ps 28,1 [3] Mk 8,18 [4] 1 Sam 3,10 [5] Ps 40,7 [6] Röm 15,7 [7] NGL 448 [8] Mt 11,17 [9] 1 Sam 3,19
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