PredigtenÜbersichtLesejahr A 2016/12 bis 2017/11Predigt - Homilie am 8. Juli 2017in St. Heinrich Kleinsendelbach
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Bei Jesus zur Ruhe kommen um Ruhe schenken zu können I. Ruhelosigkeit hat viele Menschen unserer Zeit erfasst Wer von uns hätte nicht schon einmal seufzend ausgerufen: „Wenn ich bloß endlich meine Ruhe hätte!“ Und wenn es einmal ganz dick kommt, sagen wir vielleicht sogar: „die Toten haben es gut. Sie haben ihre Ruhe.“
Etwas ganz anderes bietet Jesus uns heute im Evangelium an:
1. „Kommt alle zu mir, die ihr euch geplagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch ausruhen lassen“ Jesus wendet sich nicht an bestimmte Gruppen von Geplagten und Beladenen, er wendet sich an alle. Alle werden eingeladen, sich bei ihm auszuruhen: wo immer ein Mensch in irgendeiner Weise beladen und geplagt ist, ist er eingeladen bei Jesus zur Ruhe zu kommen.
2. Das Ziel, dass Jesus in Aussicht stellt, ist die Ruhe Der Mensch soll das erhalten, was er in der konkreten Situation am meisten braucht - die Möglichkeit, sich von seiner ganz persönlichen Last auszuruhen, seinen schweren Lebensrucksack einmal abzustellen.
3. Wenn die Bibel von Ruhe spricht meint Sie damit jenes Glücksgefühl, das die Nähe Gottes schenkt. Leider kennen wir heute diese „Ruhe Gottes“ fast bloß noch aus der Totenliturgie, wenn wir zu Gott bittend sprechen: „Herr gib ihnen die ewige Ruhe.“
Die Bibel nimmt diesen Begriff auch für das Diesseits, für das hier und heute, in Anspruch.
Von der Ruhe geht Segen aus, von der Unruhe Fluch. Ruhe befreit, Hektik macht eng, kann die Luft abschnüren.
Darum war dem Volk Israel die Sabbatruhe heilig. Was aus unserer Sonntagsruhe geworden ist, können wir auf unseren Straßen in schöner Regelmäßigkeit sehen. Es gibt eine Unruhe die krank macht, die Seele zerstört.
II. Gott verheißt uns das Eingehen in seine Ruhe[1] Gott schenkt sie uns, wenn wir auf ihn hören, uns seiner Führung anvertrauen und unser Herz ihm öffnen.
Ist unser Herz verhärtet, geht es seine Wege gegen Gottes Gebot und Wille, wird es die Wege Gottes weder kennen noch gehen. Dann gerät der Mensch unter das Gericht Gottes „Sie sollen nicht kommen in das Land meiner Ruhe.“[2]
Die Ruhe, die Jesus verheißt, meint nicht die Unerschüttertheit. Nach ihr streben die Stoiker. Es meint auch nicht das Leer- und Unempfindlich-werden der Buddhisten.
Sie meint nicht den inneren Frieden jener Menschen, die sich selbst genügen. Sie bedeutet vielmehr
1. Ein neues Verhältnis zu Gott, das uns Jesus schenkt Die Ungewissheit und Angst ist überwunden in der Freude, die aus der Begegnung mit Jesus kommt. Er schenkt uns die Erfahrung: Gott ist da! Wir stehen in seiner erbarmenden und vergebenden Liebe, in seiner Gnade.
2. Und doch spricht Jesus von einem Joch, dass er den Seinen auflegt Will er uns, die wir doch bei ihm ausruhen sollen, eine neue Last auflegen?
Jesus bringt das Gesetz des Messias, das ins Herz geschrieben wird „Alle, klein und groß werden mich erkennen. Denn ich verzeih ihnen die Schuld, an ihre Sünde denke ich nicht mehr.“ [3]
Sünde und Schuld erzeugen Unruhe in der Seele und in der Umgebung des Menschen.
Zur Ruhe kommt, wer bei Jesus in die Schule geht und von ihm lernt „gütig und selbstlos“ zu werden.
Das scheint für den ichbezogenen Menschen zunächst etwas Schweres zu sein, und doch kann der sich darauf Einlassende die Erfahrung machen: Dieses Joch ist süß.
Gütig kann nur der Mensch sein, der in der Güte und im Erbarmen Gottes ruht. Er nimmt sich nicht mehr so wichtig, weil Gott ihn wichtig genommen hat. Er kann sich loslassen, weil er sich gehalten und geborgen weiß in Gottes Liebe.
Er kann sich herschenken und hergeben, weil er den Reichtum Gottes erfahren hat;
Er wird auch im Misserfolg, im Verworfen-werden durch Menschen - wie Jesus am Kreuz nicht durchdrehen, denn er weiß sich in der Hand Gottes.
Im Blick auf Jesus, der vor Gott steht als Armer, Wartender und Gehorchender, wird den Beladenen und Belasteten Ruhe für die Seele geschenkt.
III. Viele Menschen möchten zur Ruhe kommen und finden den Weg nicht Nicht nur diejenigen, die von einem Termin zum anderen, von einem Ort zum anderen und von einem Event zum anderen jagen, die es zuhause nicht aushalten. Auch die unzähligen Anderen, die von irgendeiner Sorge beunruhigt werden oder unter einer seelischen Verletzung leiden.
Verletzt sich ein Kind und schreit, was tun dann Eltern? Sie nehmen es auf den Arm und bergen es an ihrem Herzen bis es sich beruhigt hat.
Manchmal kehrt Ruhe ein, wenn wir einfach geduldig zuhören und in stillem Gedenken diesen Menschen und seine Not vor Gott bringen.
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für unser Leben und für unser Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen?
1. Wir werden Ruhe suchen bei Jesus, um anderen Ruhe schenken zu können Im Hören auf sein Wort und in der Bitte um seinen Geist sollten wir am Beginn eines jeden Tages in Ruhe und Gelassenheit an die Erfüllung unserer Aufgaben und Pflichten gehen.
Unsere geöffneten Kirchen laden uns auch außerhalb des Gottesdienstes ein, vor dem im Brot des Lebens im Tabernakel gegenwärtigen Jesus zur Ruhe zu kommen und vor ihm zu sein. „Herr, du schaust mich an und ich schaue dich an. Du kennst mich, wie niemand sonst auf der Welt. Ich gehöre dir.“
Die Sitte - die sich in manchen katholischen Gemeinden breitgemacht hat, vor oder nach dem Gottesdienst sich laut zu unterhalten, sollten wir wieder aufgeben, damit in der Stille das Herz auf die liebende Gegenwart Gottes vorbereiten kann oder nach der Feier weiter bei ihm verweilen kann.
Jede Hektik, jedes Schauen auf die Uhr während des Gottesdienstes, vermindert die Chance, die Gegenwart des auferstandenen Christus und die Gnade Gottes, seine liebende Nähe zu erfahren.
2. In Taufe und Firmung hat Gott uns berufen und gesandt Inseln seiner tröstenden und erquickenden Ruhe in unserer lauten Welt zu sein, damit die geplagten und beladenen Mitmenschen sich bei uns ausruhen können.
Jemand ausruhen lassen bedeutet ihm Trost schenken. In früheren Zeiten gab es in der kirchlichen Praxis ein eigenes Trostamt. Wer jetzt schon im Leben Trost erfährt, wird dankbar und bereit – wenn das Ende des irdischen Lebens naht – die „letzten Tröstungen“ der Kirche empfangen.
Jeder Christ sollte ein Ort des Trostes sein, zu dem Menschen hinkommen können um ihren Kummer auszuweinen, ihre Last abzuladen. Und der Trostsuchende soll wissen, bei diesem Christen ist mein Kummer wirklich aufgehoben, weil ihn vor Gott bringt.
Wir feiern jetzt Eucharistie. Jesus lädt uns ein. Sein Opfer am Kreuz wird mitten unter uns auf dem Altar gegenwärtig. Er bringt sich für uns dem Vater dar. Er lädt uns an seinen Tisch und sagt zu uns „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.[4]
Seine Hingabe an Gott und an uns im Opfer und Mahl schenkt uns Ruhe und Frieden.
[1] Ps 95,11 [2] ebd. [3] Jer 31,34 [4] Mt 11,28
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