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Lesejahr A 2016/12 bis 2017/11

Predigt - Homilie am Ostermontag in Rödlas Regina Pacis

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Wie der Auferstandene mit den Seinen umgeht
[1]
1 Auferstehen aus Gewohnheit und Routine
  • Die Begegnung der Emmausjünger mit dem Auferstandenen gehört für uns zum Osterfest. Dieses Evangelium ist uns von früher Kindheit an vertraut. Bei allem, was uns vertraut ist, besteht die Gefahr, dass wir gar nicht mehr genau hinhören, weil wir ja den Ausgang der Geschichte schon kennen.
  • Gewöhnung, Routine erleichtern zwar das Leben, aber sie gefährden es auch. Das passiert nicht nur Eheleuten, sondern auch Priestern.
  • Mit der Zeit glaubt der Ehepartner den anderen genau zu kennen. Das mag im täglichen Umgang recht hilfreich sein. Aber es birgt auch die Gefahr in sich, dass wir uns nicht mehr die Mühe machen, dem anderen  genau zuzuhören, ihn mit Liebe anzuschauen, um zu sehen, wie es ihm wirklich geht. Man ist sich  äußerlich sehr nahe und doch innerlich fremd geworden.
  • Das kann einem Priester ebenfalls passieren, der ständig mit dem Heiligen umgeht, dass er das für selbstverständlich hält und schließlich nur noch funktioniert, ohne innerlich davon berührt zu werden.
  • Das kann jedem Christen passieren, der regelmäßig zum Tisch des Herrn geht. Er kann  gewohnheitsmäßig gehen, ohne sich mehr viele Gedanken zu machen, wie groß die Gabe und die aus dem heiligen Mahl erwachsende Verpflichtung für den Alltag ist.
  • Genauso kann jemand aus irgendwelchen Gründen aufhören, - Gründe dafür findet man immer -  seinen Glauben zu praktizieren. Und irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo ihn das gar nicht mehr beunruhigt und selbstverständliche Gewohnheit ist.
2 Jesu Umgang mit den Jüngern
  • Im heutigen Evangelium erleben wir, wie Jesus, der Auferstandene mit zweien seiner Jüngern umgeht. Das könnte auch unserem Leben mit ihm und miteinander neue Impulse geben.
  • Denn einen Grund zum Jubeln haben wir nur, wenn unser Leben mit Gott und mit unseren Mitmenschen gelingt, wenn wir zur Reife und Erfüllung finden.
  • Die meisten von uns sind zwar längst aus der Schule entlassen. Aber es wird nötig sein, immer wieder neu, ja das ganze Leben lang bei Jesus in die Schule zu gehen. Aus ihr werden wir erst entlassen, wenn er uns zum Vater in das ewige Leben führt.
Als Erstes zeigt uns das Evangelium:
2.1  Jesus ist bei seinen Jüngern in den Tagesereignissen
  • Die beiden Jünger sprechen miteinander über das, was sich ereignet hatte, was sie umtreibt, belastet, erschreckt, durcheinander bringt, und sie tauschen ihre Meinungen darüber aus. Da kommt Jesus dazu und geht mit ihnen. Er sagt offenbar zunächst nichts. Er geht einfach mit.
  • So geht Jesus auch mit uns um. Wenn wir miteinander sprechen über unsere Enttäuschungen und unsere Trauer, über Krankheit und Tod, über unsere Sorgen mit Kindern und Enkeln, über die Tagesereignisse, die uns beschäftigen, über sexuellen Missbrauch von Kindern durch Menschen der Kirche, über das was Zeitungen und Fernsehen berichten, oder was auch immer, dann ist Jesus schon da und geht mit uns. Er hört zu.
  • Er weiß nicht alles besser. Er fällt nicht über uns her mit Vorwürfen oder Vorschlägen, auch nicht mit Vorschriften.
  • Es interessiert ihn wirklich, wie es uns geht, womit wir uns beschäftigen, was uns interessiert, was uns umtreibt. Er nimmt Anteil an unserem Leben. Er möchte uns verstehen. Jesus ist bei uns mitten in den Tagesereignissen. Ein Zweites zeigt uns das heutige Evangelium.
 2.2  Jesus hört zu
  • Es ist immer hilfreich, wenn da jemand ist, der uns zuhört. Telefonseelsorge, Ärzte wissen davon zu berichten. Bei Beichtgesprächen höre ich vor allem zu. Wir wissen es aber auch aus eigener Erfahrung. Wenn wir traurig sind, wenn uns etwas aufgeregt hat, dann brauchen wir einen Menschen, der einfach da ist und zuhört.
  • Ich habe das oft bei Trauergesprächen nach dem Tod eines lieben und nahen Menschen erlebt, wie wichtig es den Angehörigen ist, von dem oder der Toten zu erzählen, auch von seinem oder ihrem Sterben. Geht uns das in anderen Situationen nicht ähnlich? Aber oft trauen wir den anderen nicht oder meinen, sie hätten keine Zeit. So bleibt viel Wichtiges ungesagt, auch unter Freundinnen und Freunden, auch unter Ehepartnern.
  • Da ist es gut zu wissen: es gibt einen, der immer bereit ist, mir zuzuhören: Jesus, der Menschgewordene und Auferstandene. Seit er auferstanden und beim Vater ist, ist er uns immer und überall nah, können und sollen wir  das, was uns umtreibt, ihm sagen.
  • Und wie ist es mit uns? Wenn wir fragen: "Wie geht es dir?“, wollen wir es denn wirklich wissen? Haben wir Zeit zuzuhören? Wir sind oft so mit uns selbst beschäftigt, mit dem, was wir erlebt oder vorhaben, dass oft kein Raum bleibt, um dem anderen wirklich zuzuhören. Jesus aber hört zu.
Ein Drittes zeigt uns das Evangelium:
2.3 Jesus stellt Fragen, die uns weiterbringen
  • Erst nach langem Zuhören redet Jesus: Er fragt nach, aber seine Fragen zielen nicht mehr nur auf das Vordergründige der Ereignisse. Sie wollen vielmehr zu weiterem Nachdenken anregen: „Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch zu glauben? Musste der Messias nicht dies alles leiden, um so in seine Herrlichkeit einzugehen?“
  • Vielleicht war nach diesen Fragen erst einmal ein bisschen Stille auf dem Weg. Auch in unserem und unserer Mitmenschen Leben geschieht so manches Schwere. Leiden und Krankheit, Unfälle und Schicksalsschläge suchen uns heim. Anfangs ist es schwer darin etwas Gutes zu entdecken.
  • Wenn wir uns aber in die Nähe Jesu begeben, dann kann es sein, dass uns auf einmal der geheime Sinn aufgeht. Oder wenn nicht, stellen wir vielleicht fest, dass wir dadurch für etwas offen geworden sind, wofür wir sonst keine Antenne gehabt hätten. Jesus stellt Fragen, die uns weiterbringen können in unserem Leben.
Ein Viertes zeigt uns das Evangelium:
2.4 Jesus öffnet die Augen für sie Anwesenheit Gottes in unserem Leben.
  • Durch sein Interesse, sein Zuhören und Fragen, hat Jesus den Raum des Vertrauens geschaffen, wo die Jünger das aufnehmen können, was Jesus zu sagen hat. Wenn er früher damit gekommen wäre, dann hätten sie sich dagegen gewehrt. Sie hätten es als Bevormundung, als nicht ernst Nehmen ihrer Trauer verstanden. Jetzt merken sie auf einmal, wie wichtig Jesus ihnen schon auf dem ganzen Weg gewesen ist, und deshalb wollen sie ihn nicht ziehen lassen: „Herr, bleibe bei uns!“
  • Das erste Wort, das er zu den beiden spricht, ist eine Frage: Was sind das für Dinge, die euch beschäftigen? Sein Interesse an diesen beiden schafft jenen Raum des Vertrauens, in dem sie sich aussprechen können. Sie reden dann nicht nur über die Ereignisse, sondern auch darüber, was diese Ereignisse für sie bedeuten, über ihre Hoffnung, Betroffenheit, Trauer, Ratlosigkeit und Enttäuschung.
  • Die heutige Psychologie hält uns an, nicht nur über Erlebtes zu reden sondern vor allem was das Erlebte mit uns macht, also über die dabei wahrgenommen Empfindungen und Gefühle.
  • Der Herr muss schon die meiste Strecke unseres Lebensweges mit uns gegangen sein, bis wir merken, wie lebenswichtig sein Bei-uns-Sein ist. Je älter ich werde, desto mehr verdichtet sich in mir diese Erfahrung. Daher werden wir heute bei der Kommunion zu JESUS sagen: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.“ In einem religiösen Lied, heißt es: „Herr, weil du mich festhältst...deiner starken Hand vertrau ich still.“
  • Es ist gut, wenn ich ihn erkannt habe, Ihn den „Gott aus den Wehen des Todes befreit und auferweckt hat.“ Der Auferstandene zeigt uns, dass Gott in unserem Leben und in der Geschichte der Menschheit anwesend ist. Er rettet, die ihm vertrauen.
  • Aber Jesus belässt es nicht beim Reden. Er handelt und das betrifft uns ganzheitlich mit Leib und Seele.
3  Jesus schenkt sich uns im Heiligen Mahl
  • Jesus und die beiden Jünger setzen sich zu Tisch. Das  Miteinander-Essen besiegelt das Miteinander-Reden. Als er das Brot nimmt, den Lobpreis spricht, das Brot bricht und ihnen gibt, da gehen ihnen die Augen auf.[2] Da erst erkennen sie den Herrn.
  • Nun ist seine sichtbare Gegenwart nicht mehr nötig. Er entzieht sich ihren Blicken. Sofort brechen die  beiden Jünger auf und laufen zurück, um den anderen von ihren Erfahrungen zu berichten. Sie "wissen“ jetzt nicht mehr als vorher. Die Frauen hatten ihnen ja schon alles gesagt. Aber jetzt sind sie zu Zeugen für die Gegenwart des Auferstandenen geworden.
  • Kommunizieren heißt ganz mit Jesus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen eins werden. Seine Lebenskraft in mein Fleisch und in meinen Geist aufzunehmen. Wir sagen: Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen.  Die Kommunion hält den Menschen, uns mit Gott und untereinander zusammen.
  • Von den Jünger heißt es: „und sie erkannten ihn.“ Es ist das gleiche Wort, das die Bibel für das Einswerden von Mann und Frau verwendet. Wenn ich kommuniziere, erfahre ich mit Leib und Seele, wer Jesus für mich ist: Er stillt meinen Lebenshunger und meinen Lebensdurst. Er ist für mich Leben, ewiges Leben. Das gibt mir die Kraft ihn und die von ihm geschenkte Hoffnung durch mein Leben zu bezeugen.
  • Das geht nicht im Alleingang. Ich brauche dazu die Jüngergemeinschaft, die Gemeinschaft der Kirche. Darum brechen die beiden noch in derselben Stunde auf und kehren nach Jerusalem in die Gemeinschaft der Jünger zurück. Im gegenseitigen Bekenntnis des Glaubens gehen sie den Weg in die vom Auferstandenen durch seinen Geist geschenkte Zukunft. Pfarrgemeinde sollte so ein Raum des ständigen Bemühens sein, wie Jesus mit den Jüngern miteinander umzugehen.
  • Dann wären wir eine österliche Gemeinde! Wir wären dann eine Pilgerschar, die zu dem gemeinsamen Ziel der Erlösung unterwegs ist, zur Auferstehung und zur Fülle des Lebens bei Gott im ewigen Leben.

[1] 1. L Apg 2,14.22–33; 2. L 1 Kor 15,1–8.11; Ev Lk 24,13–35
[2] Lk 24,30