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2007 (C)

Homilie zum 19.Sonntag i. Jk. in der Sonntag Abendmesse in St. Michael Neunkirchen

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Der Glaube ist schöpferisch[1]

1 Die Stadt Gottes

  • Die Stadt hat von je her eine große Anziehungskraft auf die Menschen ausgeübt. Sie war der Inbegriff des Lebens und der Fülle der Möglichkeiten. In der vergangenen Woche war ich in Trier, der ältesten vor über 2000 Jahren vom römischen Kaiser Augustus gegründeten Stadt Deutschlands. Trier war die wichtigste römische Stadt nördlich der Alpen. Bereits nach 250 scharte sich dort um den Bischof Eucharius die erste Christengemeinde. In den Städten also bildeten sich die ersten Christengemeinden, die immer wieder der Verfolgung ausgesetzt waren.
  • Ab 307 residierte Konstantin in Trier. Er beendete die Christenverfolgung und gewährte der christlichen Religion die freie Religionsausübung. Zusammen mit seiner Mutter Helena unterstützte er den Bau christlicher Kirchen im Römischen Reich.
  • In einer großartigen dreiteiligen Ausstellung werden in Trier die Wurzeln Europas und die Entwicklung des Christentums aufgezeigt. Trier besitzt auch das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen. Durch die Kaiserinmutter Helena sollen seine Gemeinde nach Trier gekommen sein, wo sie in der Benediktinerabteikirche St. Matthias ruhen. In den Städten begannen die ersten christlichen Gemeinden.
  • Heute fliehen viele Menschen am Wochenende aus der Stadt, weil die Stadt der Moderne mit ihrer Hektik, ihrem Lärm, ihrer verpesteten Luft, ihren Bergen aus Beton, vielen Menschen wie ein feindlicher, alles verschlingender Moloch erscheint. So haben in den letzten Jahrzehnten viele Menschen die Städte verlassen und Zuflucht auf dem Lande gesucht. Unsere Orte in Großstadtnähe sind deshalb enorm gewachsen.
  • Wir alle möchten an einem Ort wohnen, wo wir uns wohl fühlen können. Abraham, der Vater und das Vorbild aller Glaubenden, so sagt der Verfasser des Hebräerbriefes,
"erwartete die Stadt,
deren Planer und Baumeister Gott ist."
  • Er erwartete das Entscheidende und Bleibende also nicht von den Menschen, nicht von der eigenen Kraft. Darum war er aufbruchbereit, bricht er tatsächlich auf, als Gott ihn ruft.

2 Der Glaube öffnet die Tür zu einer neuen Welt.

  • Er stößt ins Unfaßliche und Unbegreifliche vor, in ein Reich, aus dem der Seele und dem Geist eine Nahrung zukommt, die allein den Lebenshunger und Lebensdurst stillen kann. Der Glaube ist im tiefsten Kern schöpferisch, d.h. nicht, daß er selbstherrlich ein Geglaubtes aus dem Nichts erschafft, so daß Gott ein Geschöpf der menschlichen Phantasie wäre. Nein, der Glaube baut schöpferisch die Welt, das Leben und den Menschen auf, so wie es Gottes Plan und Wille ist.

3 Der Glaube an Gott ist etwas Unüberbietbares.

  • Er kennt kein Vergleichen und Begründen. Denn Gott ist unvergleichbar und unergründlich. Er ist der Grund von allem. Entweder steht Gott als das Urgeheimnis vor meiner Seele, und alles wird licht und warm in der Welt, oder ich halte ihn nur für ein Hirngespinst, dann bleibt alles öde und kalt.
  • Was will einer mit der Frage, ob der Glaube an Gott richtig sei oder nicht? Der Glaube an Gott ist Wahrheit in sich, weil er die volle Einheit mit der Schöpfung schafft und unser Leben mit Sinn erfüllt.

4 Wo dein Schatz ist, da ist dein Herz.

  • Im Leitvers zu dem Psalm 49, der uns an unsere Vergänglichkeit erinnert, werden wir aufgefordert:
  • "Hängt euer Herz nicht an Reichtum, sammelt euch Schätze bei Gott."[2] Oder wie uns das heutige eindringlich sagt: „Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, droben im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst.“[3]
  • An folgende Sprichwort uns erinnernd wirbt Jesus um unser Herz: "Wo euer Schatz ist, da wird euer Herz sein."[4]
  • Der Glaubende kann frei werden von allem, was ihn fesselt und versklavt, wenn sein Herz in Gott verankert ist. Dieses in Gott vor Anker gehen, wirkt sich auf unser Leben aus:

4.1 Der Glaubende muß nicht mit der Masse gehen.

  • Als Glaubende können wir es uns leisten, ohne Furcht zur kleinen Herde zu gehören. Wir brauchen unser Herz nicht an Dinge hängen, die Rost und Motten verzehren. Wir brauchen nicht alles mitzumachen, was gerade Mode ist. Das Neue ist sowie so nur selten das Gute, weil es morgen schon das Alte ist, sagt der Philosoph Schopenhauer.
  • Der Glaubende hält Ausschau nach dem Kommenden, dem Unausdenklichen, dem Unsagbaren, dem Ewigen. Darum fürchtet er den Tod nicht, denn er traut Gott eine Neuschöpfung zu. Er ist bereit für das Kommen seines Herrn, der vom Tod zum ewigen Leben hinübergegangen ist. Daran haben sich seit zweitausend Jahren ungezählte Menschen und Christen gehalten. Der Hebräerbrief sagt es so:
"Gläubig sind sie alle gestorben,
ohne das Verheißene erlangt zu haben;
von ferne haben sie es geschaut und gegrüßt,
und haben bekannt,
daß sie Fremde und Gäste auf Erden sind."[5]

4.2 Der Glaubende nützt die Zeit,

  • denn jeder Augenblick ist ein Baustein für die Ewigkeit. Wir sagen nicht: Ich habe noch Zeit. Ich bin noch jung. Ich habe das Leben noch vor mir. Wer weiß! Bereit sein ist alles. Wir kennen weder den Tag noch die Stunde.
  • Der Glaubende schiebt nicht seine Aufgaben vor sich her. Er packt sie an. Denn der Herr will ihn tätig vorfinden, wenn er kommt.

4.3 Der Glaubende lebt nicht auf Kosten anderer.

  • Treu, verläßlich und klug dient er dem irdischen Wohl und dem ewigen Heil der Menschen. Denn er weiß, was Verantwortung heißt. Denn der Herr wird mich fragen:
  • Was hast du aus deiner Zeit, die ich dir geschenkt, aus meiner Schöpfung, die ich dir anvertraut habe, aus den Menschen, in denen ich dir begegnen wollte, gemacht?
  • Als Glaubender weiß ich: Alles ist mir nur für eine Zeit anvertraut und geliehen. Und der Herr fordert Rechenschaft von mir. Dies schreckt mich nicht, aber es läßt mich am Ball bleiben. Es bewahrt mich davor, daß ich mich auf die faule Haut lege oder auf Kosten anderer lebe.
Den Glaubenden zeichnen aus

4.4 Gelassenheit und Mut zum Wagnis;

  • denn er vertraut darauf, daß Gott sein Leben trägt. Wie Abraham geht er dorthin, wo Gott ihn braucht, und bleibt dort, wo Gott ihn hingestellt hat.
Eine kleine Geschichte, die sie vielleicht schon kennen, soll zu diesem Wagnis ermutigen:
  • Ein Bauer verwunderte sich über die Kühnheit der Fischer, die täglich auf das Meer hinausfuhren, um Fische zu fangen. Wie konnten sie nur einem so schwankenden Boot Leib und Leben anvertrauen, indem sie oft beides an den scharfen Klippen einbüßten. Darum fragte der Bauer den Fischer, wo denn sein Vater gestorben sei. Dieser antwortete: "Auf dem Meer." Weiter fragte der Bauer: "Und dein Großvater und Urgroßvater?" Der Fischer antwortete: "Auch auf dem Meer."
  • Da sprach der Bauer: "Wie kannst du nur so närrisch sein, daß du dich dem Meer anvertraust, das dir deinen Vater, Großvater und Urgroßvater hinweggerafft hat?"
  • Der Fischer fragte darauf den Bauern, wo denn sein Vater, Großvater und Urgoßvater gestorben seien. Der Bauer antwortete: "Im Bett sind sie gestorben."
  • Darauf sagte der Fischer: "Warum bist du dann ein so großer Narr, daß du dich jede Nacht in das selbe Bett legst, in dem auch deine Voreltern gestorben sind?
Drum siehst du Bauer, daß es nichts schadet, wo man stirbt. Wichtig ist nur eines, daß du selig stirbst."



[1] 1. L Weish 18,6–9; 2. L Hebr 11,1–2.8–19 (oder 11,1–2.8–12); Ev Lk 12,32–48 (oder 12,35–40) (Lekt. VI, 326)
[2] GL 728/1
[3] Lk 12,33
[4] Lk 12,43
[5] Hebr 11,13

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