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2007 (C) Österliche Bußzeit

Homilie zu Lk 9,28b-36 am 2.Fastensonntag (C) in -Rödlas

===>> Texte der Heiligen Schrift und der Liturgie am 1.Fastensonntag (C) 

Klärung und Verklärung

Haben kluge Menschen Probleme miteinander, so suchen sie das klärende Gespräch. Das wird ihrer Beziehung gut tun, vielleicht sogar neuen Schwung geben.
Jesus befindet sich im heutigen Evangelium auf dem Weg nach Jerusalem. Dort wird er verhaftet und getötet werden. Er weiß dies. Für seine engsten Freunde wird dies zu einer nicht zu verkraftenden Katastrophe werden. Sie brauchen dringend Stärkung und Ermutigung. Es geht darum zu klären, dass Kreuz und Tod nicht das Letzte sind, sondern dass auf sie die Verklärung, die Auferstehung und Erhöhung beim Vater folgt. Das Evangelium zeigt uns:


1 In der Gegenwart des betenden Jesus klärt sich alles.

Das dürfen Petrus, Johannes und Jakobus als Jesu Vertraute auf dem Berg der Verklärung erfahren. In fünf Schritten gehen wir mit ihnen durch das heutige Evangelium:

1.1 Sie schauen Jesus beim Beten zu. Sie werden Zeugen der innigen Beziehung Jesu zum Gott Israels, den er seinen Vater im Himmel nennt. Sie erleben, was bei diesem Gebet Jesu mit ihm geschieht. Gottes lichtvolle Nähe ergreift Jesus. Sie verändert sein Gesicht, das der Spiegel der Seele ist. Das göttliche Licht erfasst seine ganze Gestalt und ist von ihr durchdrungen.

1.2 In der Gegenwart des betenden Jesus wird den Jünger klar, dass die großen Gestalten der Heilsgeschichte des Volkes Gottes Mose und Elija auf seinem Weg nach Jerusalem an seiner Seite stehen. Israel lebte nach der Landnahme, vor allem im und nach dem babylonischen Exil unter Völkern, die auf „Wolkendeuter und Orakelleser hören.“[1] Die Gefahr ist groß, Jahwe den Gott der Befreiung in Zeiten des Exils zu verlassen. Damit sie aber in Demütigung und Bedrängnis „beim Herrn, ihrem Gott bleiben,“ schenkt ihnen Gott durch Mose eine die Zukunft erhellende Zusage. Einmal als Zusagen an Mose: „Einen Propheten wie dich will ich ihnen mitten unter ihren Brüdern erstehen lassen. Ich will ihm meine Worte in den Mund legen und er wird ihnen alles sagen, was ich ihm auftrage.“[2] Und auch als Wort des Mose an Israel: „Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott, aus deiner Mitte, unter deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören.“[3] Für die Urkirche war diese Verheißung von fundamentaler Bedeutung. Mose, gleichsam der Prototyp des Erlösers und Elija als Vorläufer des Messias bestätigen Jesus als den verheißenen Messias und begleiten ihn bei der Vollendung seines Auftrags. Er wird durch seinen Gehorsam und seine Liebe bis zum Tod die Welt erlösend heimgehen in die Herrlichkeit beim Vater.
1.3 Die Verklärung des Herrn, dieses klärende Geschehen weckt die Jünger auf, die bisher gleichsam Schlafende waren. Sie werden wachgerüttelt, um den messianischen Auftrag Jesu und die ihnen dabei zugedachte Aufgabe in den Blick zu bekommen. Petrus zumindest erkennt: »Es ist gut, dass wir hier sind«. Es gut in der Nähe Jesu zu sein. Ihm nahe zu sein ist ein Geschenk des Himmels.

1.4 Aber wie so oft im Leben: Mitten im Glück fällt der Schatten einer Wolke auf sie. Vorbei ist aller Glanz. Die Wolke ist in der Bibel Zeichen der verborgenen Gegenwart Gottes. Gottes Pläne sind uns oft dunkel. Bald wird auch der Schatten des Karfreitags, der Gottesfinsternis, des irdischen Scheiterns Jesu auf die Jünger fallen und sie Angst und Schrecken versetzen.

1.5 Aber mitten in die Ernüchterung und Angst hinein vernehmen die Jünger aus der Wolke die Stimme, die in der Verheißung an und durch Mose allen Frommen in Israel bekannt ist. Sie bezeugt Jesus als den auserwählten Sohn, auf den sie hören sollen. Im Hören auf Jesus klärt sich vieles auf, was uns dunkel und unbegreiflich erscheint. Deshalb werden wir in allen Glaubens- und Lebenslagen


2 Die klärende Nähe Jesu suchen
All das im Evangelium an unser Ohr Dringende ermutigt uns, die klärende Nähe Jesus nicht nur jetzt in der Österlichen Bußzeit, sondern auch während unseres ganzen irdischen Lebens beharrlich zu suchen. Versuchen wir also die fünf Schritte der engsten Vertrauten Jesu im heutigen Evangelium so mitzugehen, dass sie uns auf dem Glaubens- und Lebensweg voranbringen.

2.1 Der erste Schritt heißt: Augen und Ohren auf für ihn! Zusehen und zuhören wie Jesus von Gott spricht und zu ihm betet. Das ist unsere lebenslange Aufgabe, davon nährt sich unser Glaube an Gott, die Hoffung auf ihn und die Liebe zu ihm und zu allen Geschöpfen.
Augen und Herz auf für die Liebe und den Gehorsam des Gekreuzigten aus denen die Herrlichkeit des Auferstandenen hervorbricht. Auf Ostern hin und von Ostern her leben. Unsere Taufe erneuern, in der uns Anteil am »erlösenden Tod und der selig machenden Auferstehung Jesu Christ« geschenkt ist.

2.2 Sich wieder für die Gottesbotschaft des ersten Testaments, für Mose und die Propheten und deren in die Zukunft auf den Messias Gottes hinweisende Botschaft zu interessieren. Durch Mose schließt Gott einen ewigen Bund mit Israel, durch Jesus Christus bietet er den neuen Bund den Menschen aus allen Stämmen, Völkern und Sprachen an.
Elija kämpft auf dem Berg Karmel gegen den Götzendienst und für die Anbetung Jahwes des einzigen und wahren Gottes. Dabei erweist sich Gott als der einzig Wirkende und Wahre, indem er Feuer von Himmel schickt, welches das Opfer des Elija verzehrt, nachdem die Baalspriester den ganzen Tag vergeblich zu ihren Göttern gerufen hatten.
Durch Jesu Opfer am Kreuz werden alle Opfer der Vorzeit beendet. Gott hat kein Gefallen mehr an Tieropfern, für ihn zählen allein der Gehorsam und die Liebe, mit der sich ein Mensch an Gott und für seine Mitmenschen hingibt. Durch die Auferweckung Jesu von den Toten beglaubigt Gott ihn als seinen Messias, seinen geliebten Sohn, der alle an ihn Glaubenden rettet und zur Auferstehung führt.

2.3 Jesu Verklärung und Auferstehung weckt auch uns vom Todesschlaf auf. Er will, dass wir wachend und betend in die Zukunft gehen. Diese Zukunft heißt: Hier und jetzt Liebe säen, damit die Menschen auf Erden in der Anbetung Gottes und in Frieden leben können. Zugleich liegt unsere Zukunft in der Ewigkeit, die einmal erlangt, durch keinen Verlust gefährdet unverlierbar ist. Es ist die nie endende Fülle des Lebens und der Beziehung bei Gott. Bei ihm hat uns Jesus eine Wohnung bereitet, damit wir einmal dort sind, wo er schon ist.

2.4 Freilich bevor wir dort angekommen sind, werden sich immer wieder dunkle Wolken vor den lichten Himmel unseres Lebens schieben: die aus götzendienerischer Machtverfallenheit geborenen Kriege und Brutalitäten, die das Leben bedrohenden und zerstörenden Krankheiten und Seuchen, all die aus der Anbetung des eigenen Ichs kommenden Bosheiten und Ungerechtigkeiten der Menschen, können uns in die Karfreitagsfinsternis hineinstürzen.
Und doch, wie die Märtyrer aller Zeiten uns bezeugen, dürfen wir auch dann an die verborgene Gegenwart Gottes glauben, der auch in der Finsternis des Karfreitags da ist und uns aus der Todesnot befreiend mit seinen barmherzigen Händen an sein liebendes Herz drückt.

2.5 Beim fünften Schritt wird uns klar: Als Jüngerinnen und Jünger Jesu mitten in der Welt lebend wird uns Gott durch seine Kirche immer wieder zurufen: Schaut auf Jesus, den geliebten Sohn, und hört auf ihn im Wort der Schrift. Seit beim gekreuzigten und Auferstandenen Christus zuhause und wohnt bei ihm.
Und wenn wir Gottesdienst feiern: Sagt es einander: Es ist gut, dass wir hier sind. Dann werden wir unseren irdischen Weg weiter und zu Ende gehen können, auch wenn er ein Kreuzweg ist. Denn auf den Karfreitag, den Tag des bitteren Leidens und Sterbens, auf den Karsamstag, den Tag der Grabesruhe und der Totenstille, folgt unmittelbar Ostern: Auferstehung mit Christus und die Fülle des Lebens mit ihm bei Gott. Dann klärt sich alles Dunkle und Unverständliche des irdischen Lebens auf. Dann ist alles gut,
verklärt.



[1] Dtn 18.9-14
[2] Dtn 18,18. 15
[3] Dtn 18,15