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2007 (C)

Homilie zu Hebr 12,1-4 und Lk 12,49-53 am 20. Sonntag C in der Vorabendmesse in St. Michael Neunkirchen am Brand und am Sonntag in der Filialkirche St. Johannes d.T in Großenbuch

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Lebensfunke Hoffnung

1 Leitbild des Hebräerbriefs

  • In einem mehrjährigen Bemühen, haben die Verantwortlichen unserer Pfarrei ein Leitbild für unsere Pfarrgemeinde erarbeitet: An erster Stelle stehen, »Zeugnis geben« und »den Glauben teilen«.

1.1 Die Wolke der Zeugen

  • Der Verfasser des Hebräerbriefes, vielleicht Paulus oder einer seiner Mitarbeiter, stellt den aus den aus dem Judentum stammenden Christen der 2. und 3. Generation, den Gekreuzigten und in die Herrlichkeit Gottes Erhöhten als Leitbild vor Augen.
  • Er hat durch sein Leben, sein Leiden und Sterben, durch seine Auferstehung der Welt neue Hoffnung geschenkt.
  • Dabei weist der Verfasser des Hebärerbriefes auf die uns umgebende Wolke von Zeugen hin, die schon damals ihr Leben oft bis zum Martyrium ganz und gar auf den gekreuzigten und beim Vater verherrlichten Christus ausgerichtet hatten.
  • Papst Benedikt weist bei seinen Audienzen und Ansprachen immer wieder auf diese Wolke von Zeugen hin, die uns ermutigen heute den christlichen Glauben zu leben und zu bezeugen.
  • Bei Generalkonferenz des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik in Aparecida – Brasilien sagte er im Mai dieses Jahres: „Mit dem Feuer des Heiligen Geistes wollen wir durch die Evangelisierung weiter unsere Heilsgeschichte hoffnungsvoll aufbauen, da wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben (Hebr 12,1), nämlich die Märtyrer, Heiligen und Seligen unseres Kontinents. Mit ihrem Zeugnis haben sie uns gezeigt, dass Treue bis zum Ende möglich ist und sich lohnt.“
  • Diese Wolke der Zeugen umgibt uns, wenn wir Liturgie feiern. Im Katechismus der Katholischen Kirche lesen wir dazu: „Sämtliche Zeichen der Liturgiefeier beziehen sich auf Christus, so auch die Bilder der heiligen Gottesmutter und der Heiligen. Sie sind Zeichen für Christus, der in ihnen verherrlicht wird. In ihnen schauen wir die „Wolke von Zeugen" (Hebr 12,1), welche sich weiterhin um das Heil der Welt sorgen und mit denen wir, vor allem in der sakramentalen Feier, vereint sind.“
  • Diese Wolke von Zeugen brauchen wir angesichts des Widerstands, der sich dem christlichen Glauben entgegenstellt. Es muss dabei nicht um Kopf und Kragen, bis aufs Blut, gehen. Vielmehr können Verzagtheit, Müdigkeit und Mutlosigkeit oder auch der mangelnde Erfolg zum Prüfstein unserer Hoffnung und unseres „langen Atems im Glauben“ werden. Ein geflügeltes Wort sagt:

1.2 Du bist so jung wie deine Hoffnung

  • Man kann das Alter eines Menschen nach der Zahl seiner Lebensjahre messen. Es gibt aber auch einen viel tiefer und mehr aussagenden Maßstab. Albert Schweitzer kleidet ihn in folgende Worte:
Du bist so jung wie dein Selbstvertrauen, so alt wie deine Furcht.
So jung wie deine Hoffnung, so alt wie deine Verzagtheit.Erst wenn die Flügel nach unten hängen und das Innere deines Herzens vom Schnee des Pessimismus und vom Eis des Zynismus bedeckt ist,
dann erst bist du wahrhaft alt geworden.
  • Es gibt viele Junge, die schon alt sind, und viele Alte, die noch ganz jung sind. Die Frage, die wir uns daher stellen werden, lautet: Wie jung bin ich nach diesem Maßstab?
  • Der Hebräerbrief sagt uns: Der Glaube muss mit vielen Widerständen rechnen, die von Sündern gegen den Glauben unternommen werden. Nur der wird diesen Kampf erfolgreich bestehen, der unablässig auf Jesus, den Urheber des Glaubens, blickt und hört. Er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude, das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt.[1]

1.3 Wie umgehen mit negativen Erfahrungen?

  • Wer ehrlich ist, wird zugeben: verzagt sein, den Mut verlieren, wenig HOFFNUNG und kein Selbstvertrauen mehr zu haben, jeder ist davon angefochten. Dabei dürfen wir der Frage nicht ausweichen, ob wir uns nicht gegenseitig entmutigen und die Hoffnung rauben? Bin ich vielleicht der Grund, dass Mitchristen resignieren?
  • Wie leicht gehen uns Erwachsenen im oft schwierigen Umgang mit Kindern und Jugendlichen Worte wie diese über die Lippen: „Aus dir wird nie was Gescheites.“
  • Eine Mutter beklagte sich bei der Erziehungsberatung, dass ihr begabter, aber stinkfauler 11jähriger Sohn auf allen Gebieten versage. Die Beraterin gab ihr den Rat, sie solle einmal einen ganzen Tag lang genau auf jedes Wort achten, das sie ihrem Jungen sage. Nach diesem Experiment war die Mutter entsetzt und beschämt: „Ich wusste gar nicht, dass ich mit meinem Sohn nur sprach, um ihn zu ermahnen oder ihm etwas zu befehlen.“
  • Eine Gewissenserforschung über das 7.Gebot könnte einmal auch anders aussehen: Wie viel Lebensfreude und Heiterkeit stehle ich meinem Ehepartner, meinen Kollegen und Kolleginnen, meinen Freunden und Bekannten, weil ich schlecht gelaunt bin, an ihnen herumnörgle oder sie nicht beachte?
  • Wie viel Hoffnung und Zuversicht stehle ich anderen Menschen, indem ich sie belauere, ihre Fehler aufspüre, ihnen die verdiente Anerkennung vorenthalte oder einfach alles Negative gegen sie sammle – Mobbing nennt man das heute – und ihre positiven Seiten übersehe und verschweige.

2 Aktive und bewusster die Hoffnung leben,

  • ist nach dem Hebräerbrief nur möglich im Aufblick zu dem Urheber und Vollender des Glaubens, zu Jesus. Er hat uns vorgelebt, dass es sich lohnt, sich anzustrengen, durchzuhalten und gegen alle Widerstände den Glauben zu leben und zu bezeugen.

2.1 Mittel und Wege die Hoffnung zu erneuern

  • 2.2.1 Eine Möglichkeit wäre, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. So wie Alkoholiker lernen müssen, einen Tag lang nüchtern zu bleiben, so müssen Niedergedrückte und Verzweifelte lernen, für einen Tag neu zu hoffen.
  • 2.2.2 Es geht darum, sich auf das kleine Glück zu freuen: Die nächste Stunde, die gute Mahlzeit, ruhigen Schlaf, ein neues Buch, ein sehenswertes Fernsehstück, den Sternenhimmel nach Einbruch der Nacht, die Morgenröte, die Morgenfrische oder Abendkühle. Wer so die kleinen Dinge wahrnimmt, sich an ihnen freut, der schlägt Wurzel in dem Boden, der Hoffnung hervorbringt.
  • 2.2.3 Eine dritte Möglichkeit die Hoffnung zu nähren wäre: Tu das Nächstliegende! Bei Jörg Zink las ich dazu:
„Fang nicht jeden Tag neu an zu fragen: ‚Bin ich wohl auf dem richtigen Weg?’ Mach Dich doch nicht selbst jeden Tag unsicher. Du kannst, wenn du ein Kind hast, nicht täglich fragen: War es richtig dieses Kind zu wünschen? Es ist dir gegeben! Also gehe mit ihm Schritt um Schritt.“
Weiter gibt Jörg Zink zu bedenken: „Du kannst, wenn du eine Ehe führst, nicht täglich sagen: ‚Hätte ich vielleicht jemand anders wählen sollen oder ledig bleiben?’ Dein Partner, deine Partnerin ist dir gegeben. Also gehe Schritt um Schritt mit ihm, mit ihr.“
Zum Schluss kommt Jörg Zink auf den Glauben zu sprechen: „Warte nicht mit Deinem Glauben, bis du sagen kannst: ‚Nun habe ich alles verstanden.’ Gehe Schritt um Schritt. Ergreife, was dir gegeben ist. Tu das Nächstliegende. Verzehre dich nicht im Zweifel. Verschwende deine Zeit nicht.“
Ich füge hinzu: Negative Gedanken rauben uns nur die Hoffnung. Diese aber ist wie ein offenes Tor, das uns mutig in die Zukunft gehen lässt.
  • 2.2.4 Wichtig ist es, im Blick auf Jesus bei den kleinen Hoffnungen anzufangen: „Weil du Herr bei mir bist, für mich das Kreuz getragen hast, will ich heute ohne Angst diesen Vormittag, diesen Tag angehen.“

3 Der Hebräerbrief ermutigt uns,

  • „Denkt an den, der von den Sündern solchen Widerstand gegen sich erduldet hat; dann werdet ihr nicht ermatten und den Mut nicht verlieren.“[2]

3.1 Der Widerstand der Sünder

  • Diesen bekam schon der Prophet Jeremia zu spüren. Weil er vor einer in den Untergang führenden Politik warnte, wurde er wegen Wehrkraftzersetzung (wie die Nazis es nannten) zum Tod verurteilt.
  • Jesus ging es nicht anders. Seine Botschaft vom barmherzigen gütigen Vater im Himmel, der den Verlorenen nachgeht und sich um die Sünder kümmert, war für seine Gegner unannehmbar. Wer die Liebe bedingungslos lebt und die Wahrheit Gottes, so wie dieser Gott wirklich ist, verkündet und bezeugt, wird nicht immer Gehör, sondern auch Ablehnung durch die Sünder erfahren. Das Feuer der Liebe und der Wahrheit verbindet nicht nur, es spaltet auch.

3.2 Der Kampf gegen die Sünde

  • Es ist ermutigend, wie Jesus trotz aller Widerstände mit den Menschen umgeht. Wie viel Leben hat er um sich herum zum Blühen gebracht. Das Töchterlein des Jairus, die alle für tot erklärten, nimmt er bei der Hand und sagt: „Mädchen, ich sage dir, steh auf!“ Den verhassten Zollaufseher Zachäus besucht er, isst mit ihm, nimmt ihn an, und macht so einen neuen Menschen aus ihm, der einer seiner engsten Freunde und Jünger wird.
  • In einem Bild möchte ich zeigen, wie Jesus mit den Widerständen umgegangen ist. Die Älteren unter uns erinnern sich noch. Hat man früher im Winter einen bitterkalten Raum betreten, waren dessen Fensterscheiben innen dick mit Eisblumen bedeckt. Es boten sich zwei Möglichkeiten das Eis zu entfernen: Wer versuchte es weg zu reiben, musste feststellen, dass sich sofort wieder neues Eis bildete. Hauchte man aber fest mit dem warmen Atem gegen die Scheibe, bildete sich schnell eine Öffnung im Eis. Und machte man Feuer im Ofen, dann begann das Eis von selbst weg zu schmelzen.

3. 3 Wärme vollbringt, Reibung nicht schafft.

  • Im Umgang mit Widerständen werden Hoffnung und Liebe das vollbringen, was Zwang und Härte niemals schaffen können. Darum sagt Jesus im Evangelium: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“[3]
  • Ja, in der innigen Verbindung mit ihm, in der Wärme seiner Liebe, wird in unseren Herzen das Eis der Hoffnungslosigkeit und Resignation schmelzen und wir werden seine mutigen Zeugen.


[1] Hebr 12,2
[2] Hebr 12,3
[3] Lk 12,49

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