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Predigten

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Weihnachten 2007 (A)

Homilie in der Christmette in St. Johannes der Täufer Großenbuch und in der 2. Weihnachtsmesse in Maria SchutzFrau Bayerns in Rosenbach Pfarrei Neunkirchen am Brand

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===>> Biblische und Liturgische Texte der 2. Weihnachtsmesse (Hirtenmesse)

Die Geburt Christi – unser helles Lebenslicht

1 Die weihnachtliche Situation

1.1 Lebenssituation von Maria und Josef

Das Evangelium der Heiligen Nacht beginnt mit einer Beschreibung der Lebenssituation von Maria und Josef.
  • Eine von der römischen Besatzungsmacht angeordnete Volkszählung, der Steuereintreibung dienend zwingen die hochschwangere Maria und Josef auf eine weite beschwerliche Reise. Sie finden keine ordentliche Unterkunft. Alles andere als eine erfreuliche Situation. Aber so ist es in unser aller Leben. Wir sind eingebunden in politische und gesellschaftliche Strukturen, aus denen der normale Bürger sich kaum befreien kann.

1.2 Wie sieht unsere Situation heute an Weihnachten aus?

Wir kommen aus dem Trubel der Weihnachtsvorbereitungen.
  • Beruflich mussten viele das Letzte geben. Der »Termin Weihnachten« saß uns drohend im Nacken. Pausenlos angestachelt durch Werbung wurden unendlich viele Bedürfnisse in uns geweckt.
  • Nun sehnen wir uns nach Frieden. Wird Weihnachten uns zufrieden machen, uns Frieden schenken?
Wir kommen aus der Fülle der Verpflichtungen der Familie gegenüber.
  • Werden wir die Erwartungen erfüllen können? Haben wir das Richtige getroffen? Und dann sind da noch die Bekannten, Verwandten und Freunde. Es scheint uns, als würden sie alle Besonderes von uns erwarten. Werden wir sie enttäuschen? Haben wir auch keinen vergessen?
  • Aber wo bleibt unsere eigene Erfüllung? Kommen wir uns nicht leer und wie ausgenommen vor?
Wir kommen aus hell erleuchteten Straßen -
  • Sterne, Christbäume, überall Licht, aber es trifft oft nur unsere äußeren Augen - im Herzen bleiben Gefühle der Unzufriedenheit - Zweifel, Fragen ohne Antwort - Empfindungslosigkeit - Resignation!
  • Glücklich, auf wen das alles nicht zutrifft. Glücklich, wer sich daraus befreien konnte! Was aber ist mit den vielen anderen?

2 Die erhellende Botschaft

  • Der Prophet Jesaja ruft in der Weihnachtsnacht: "Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf."[1]

2.1 Ein großes Licht? Welches Licht?

  • Etwa die Flutlichter der Stadien? Von Lichtverschmutzung über unseren Städten sprechen Umwelt Verantwortliche. Die Sterne im All verblassen. Vielleicht eher weniger Licht, damit die Sterne am Himmel wieder zu sehen sind?
  • Vor lauter künstlichem Licht geht uns in unserem Innern kein mehr Licht auf. Wir sind übersatt von dem Vielen, das uns ständig ins Auge springt, von der tagtäglich auf uns einstürmenden Flut der Bilder. Dieses Übersättigtsein verhindert, dass wir das Wesen der Dinge mit den Augen des Herzens schauen können. Es bewirkt die ständige Überforderung des vegetativen Nervensytems, so dass es verrückt spielt und vielfältige gefährliche leibliche und seelische Störungen bewirkt.
  • Unsere Zivilisation pflegt derart das Lärmende, den äußeren Schein, das was auffällt, so dass wir aus den Augen verloren haben, wie die großen Geschehnisse der Menschheit beginnen. Lärm ist heute einer der großen Krankmacher in unserer Gesellschaft.
  • Wir haben vergessen, dass die wesentlichen Dinge im Schweigen, in der Armut, im Einfachen, sozusagen im Nichts beginnen. Aus meinen Kaplansjahren ist mir noch immer jenes große Bild auf der Jugendburg Feuerstein in Erinnerung: »Alles Große ist einfach«, stand da zu lesen.
  • Der große Weise Chinas Laotse lehrt uns: »Die größte Offenbarung ist die Stille«. Das weiß auch die Bibel. Im Buch der Weisheit heißt es: »Als tiefes Schweigen das All umfing und die Nacht bis zur Mitte gelangt war, da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel..«.[2] Die Wellen des Lichts machen keinen Lärm. Und doch ist nichts schneller als das Licht.

2.2 »Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt«

  • Kinder sind ein Geschenk. Sie werden nicht von uns gemacht. Was ist das, so ein neugeborenes Kind? Fast ein Nichts. Klein, schreiend, hilfsbedürftig. Das waren wir alle einmal. Was ist das, so ein Embryo? Fast ein Nichts, so meinen viele heute. Preisgegeben der Willkür der Menschen! Freigegeben zur Abtreibung! Auch das war jeder von uns einmal. Zum Glück hat sich keiner an uns vergriffen.
  • Von Zeit zu Zeit hören wir den Aufschrei von Frauen: Ich will nicht mehr Kinder in die Welt setzen, um sie den Schrecken des Krieges, dem Hunger, einer verseuchten Umwelt, dem Tod auszuliefern. Wir wissen keine Antwort darauf. Aber was muss in solchen Menschen zerbrochen sein, dass sie so lebensfeindlich denken?
  • Wissen wir, wie viele es wählen würden, lieber nicht geboren zu sein, wenn jeder vor die freie Wahl gestellt würde? Wenn es jedem freistünde, lieber in diesem Land geboren zu werden als in jenem - wie viele würden lieber dort geboren werden, wo das Leben besser und gesicherter ist? Viele in der dritten Welt würden sich »von« schreiben, wären sie bei uns geboren worden, dürften sie bei uns leben. Viele setzen dafür ihr Leben aufs Spiel, ertrinken in den Fluten des Mittelmeers, des Atlantiks.
  • Mancher würde sich andere Eltern aussuchen, wenn er könnte. Und manche Eltern würden gerne gescheitere, bravere, fleißigere, hübschere Kinder haben. Und doch ist das Leben eines jeden von Gott geschaffen, liebend angesehen, mit einer einmaligen Würde ausgestattet. Nach den menschenverachtenden Praktiken der Nazis wurde in unser Grundgesetz geschrieben: »Die Würde eines jeden Menschen ist unantastbar«. Gott sei Dank! Gott wird in Jesus Mensch, damit wir zu unserem Menschsein ganz ja sagen können.

2.3 Mit diesem Wissen, mit der ganz heimlichen Wunde der eigenen Geburt, wollen wir das Kind von Bethlehem betrachten,

  • das die Engel als den messianischen Retter Gottes verkünden, der »uns heute geboren ist«. IN IHM WOLLTE GOTTES WORT UNTER UNS GEBOREN WERDEN. Oder wie es das Kredo bekennt: »Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden«. Anbetend werden wir heute beim Kredo an dieser Stelle nieder knien.
  • "Für uns" und für alle, in diesem Augenblick unseren Planeten bewohnen. Es ist ein gewaltiges Wollen, das in diesem Kinderleib Fleisch - Mensch wird.
  • Gottes Wort wollte Menschenkind werden - in absoluter Armut und ohne irgendeine Sicherheit; in der Bedrückung eines Kolonialvolkes, ein Spielball der Behörden, von vornherein gewillt, keine ruhige, zurückgezogene Existenz zu führen und die Augen vor den Missständen nicht zu schließen.
Wenn wir alle Fäden dieses geheimnisvollen Wollens Gottes betrachten, kommt uns nur ein Wort über die Lippen:

2.4 Welch ein Vertrauen!

  • Mensch geworden überlässt sich das Wort dem Pulsschlag des Lebens. Es überlässt sich allen Risiken und Zufällen menschlicher Existenz.
  • Welch ein Vertrauen zur Erde! Er, der das Leben selbst ist, liefert sich dem Wechselspiel der widersprüchlichen Kräfte aus, die seinen Leib, seinen Geist, sein menschliches Herz, seine ganze menschlich Existenz erfassen und verbrauchen werden.
  • Er, das Fleisch gewordene Wort, wird in sich Hunger und Versuchung, Durst und Todeskampf, Trauer über Verrat und Todesgrauen erleben. Seine Augen werden die Hingabe in den Blicken der einen und den kalten Hass in den Augen der anderen sehen.
  • Sein eigener Leib wird vor dem Grab seines Freundes Lazarus erschauern. In der Wüste wird er von Satans Hauch gestreift werden. In den Städten wird er die Verschwörung gegen seine Person erraten.
  • Er hat sein Vertrauen der Erde und dem Leben geschenkt. Dieses Vertrauen, diese Hingabe wird die Welt retten. Er wird den Tod überschreiten und in der Auferstehung zum Siege kommen.

2.5 Zu IHM, dem Christkind werden wir gehen,

  • um Kräfte zu holen, die wir zum Leben brauchen; Nicht nur, um durchzuhalten, die Bande der Traurigkeit und des Schmerzes zu lockern, sondern um sie zu überwinden.
  • Wir möchten Kraft zum Weiterleben finden, Kraft zum Lieben. Wir möchten unser Dasein und unsere Welt annehmen, auch wenn darin vieles unvollkommen und belastend ist.
  • Wir möchten bis zum Ende des Weges gehen ohne zu verbittern, zu resignieren oder gar zu verzweifeln. Wir möchten von einem Leben sprechen, das uns niemand mehr rauben kann. Das Vertrauen muss den Sieg davontragen und es wird ihn davontragen, weil Gott unser Leben durch Jesus mit uns lebt.
  • Gott wird Mensch! Welch ein Licht in unserer lichtverseuchten Zivilisation! Welch ein Friede in allem Durcheinander! Welch ein Antrieb in den Anforderungen des Alltags.
  • Wie lebensnotwendig ist dieses Mensch gewordene göttliche Licht für ein Geschlecht, das vom Tod Gottes und der Gottesfinsternis spricht, das geblendet vom Glanz des Vergänglichen, vom Pomp des Teufels, vom Verfallensein an das Triebhafte blind geworden in der Finsternis der Sinnlosigkeit dahinlebt.
Die Bibel sagt im Buch der Weisheit:

3, »Gott hat den Tod nicht gemacht«,

  • »und hat keine Freude am Untergang der Lebenden«.[3] Den Tod haben die Menschen erfunden als sie sich von Gott abwandten. Ja sie haben ihn sogar personalisiert, indem sie ihn als »Sensenmann oder Schnitter Tod« darstellten.
  • Gott hat die Geburt erschaffen. Für ihn ist alles Geburt, auch der Tod. Darum feiert die Kirche den Todestag ihrer Heiligen als Geburtstag für den Himmel. Jesus vergleicht die Tage seiner Passion und seines Todes mit einer gebärenden Frau, deren Stunde gekommen ist: "aber wenn sie das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an ihre Not über der Freude, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist."[4] Das Wort im Schoß des Vaters in jedem Augenblick der Ewigkeit geboren stirbt niemals. Denn Gott kann nicht sterben.
  • Gott ist Mensch geworden in Jesus: Das ist die alles verwandelnde Botschaft des Evangeliums. Jesu Menschwerdung und Auferstehung sind das große Zeichen der uns von Gott geschenkten Hoffnung. Für den, der glaubt und liebt, ist alles Geburt.
  • Wir begreifen, warum in allen Liedern die Geburt Christi besingenden Lieder, die Freude über die Geburt des Christuskindes so überschwenglich jubelnd aufklingt. Das ist ja auch die Grundaussage des Evangeliums der heiligen Nacht. Die Engel verkünden den Hirten und uns »eine überaus große Freude, die allem Volk zuteil werden soll«. Allem Volk, also auch uns und allen die uns an Weihnachten begegnen oder auf unsere Hilfe warten, so wie die katholischen Gemeinden in Lateinamerika.
Ich wünsche Ihnen allen, dass sie sich von dieser Freude der Heiligen Nacht und des Weihnachtsfestes mitreißen lassen.



[1] Jes 9,1
[2] Weih 18,14
[3] Weish 1,13
[4] Joh 16,21

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