Predigten
2007ÜbersichtHomilie zur Sonntagvorabendmesse am 1. Advent und Kolpinggedenktag in Helmbrechts »Christ König« mit den Kolpingsfamilien Münchberg und Helmbrechts: Jer 33,14–16; 2. L 1Thess 3,12 – 4,2; Ev Lk 21,25–28.34–36
Mitten im Unheil das Heil erwarten
1. Die Situation des Jeremia Die Lesung aus dem Propheten Jeremia hört sich recht brav und unkompliziert an, wenn wir sie so nehmen, wie sie im Lektionar steht. Wunderbare Heilsverheißung! Das ändert sich aber schlagartig, wenn wir den vorausgehenden lesen würden. Der Prophet Jeremia sitzt im Jerusalemer Stadtgefängnis. Die Stadt ist ihrerseits von mächtigen Feinden eingeschlossen. Das Heer des babylonischen Königs Nebukadnezar belagert die Stadt. Bald wird sie in die Hände der Feinde fallen. Jeremia hat es vorausgesagt: „So hat der Herr gesprochen: Fürwahr, ich will die Stadt in die Gewalt des Königs von Babylon geben, dass er sie erobert.“[1] Einen Unheil verkündenden Propheten konnte man nicht brauchen. Also weg mit ihm. Aus dieser Unheilssituation des zweifachen Eingeschlossenseins verkündet Jeremia
2. Mitten im Unheil - kommendes Heil „Seht, es werden Tage kommen – Spruch des Herrn – da erfülle ich das Heilswort, das ich über das Haus Israel und das Haus Juda gesprochen habe.“[2] Jeremia ist glaubhaft; denn
2.1 Jeremia redet nicht nur, er handelt. Er untermauert diese Verheißung mit einer Tat: Mitten im Krieg, in einer Stadt, die bald in die Hand plündernder und mordender Feinde gerät, tätigt Jeremia aus dem Gefängnis heraus ein Geschäft, wie man es nur in Friedenszeiten abschließen würde: Er bringt einen Kaufvertrag in zweifacher Ausfertigung zu Papier, versieht ihn mit einem Siegel, lässt Zeugen unterschreiben, wiegt das Geld ab und kauft von seinem Vetter einen Acker in Anathot, außerhalb der Stadt schon längst in Feindeshand. Ein unsinniger Kauf. Im Krieg kauft man kein vom Feind besetztes Land. Als der Vetter zu Jeremia sagt: „Kauf mir doch meinen Acker ab,“ erkennt der Prophet dahinter den Fingerzeig Gottes: „Da wurde mir klar, dass es eine Weisung vom Herrn gewesen war.“ Durch diese Tat zeigt der Prophet, dass mitten im Unheil das Heil und die Rettung schon angebrochen sind. Er spricht also nicht nur vom kommenden Heil, sondern er handelt auch so, als ob es schon da wäre. Für ihn gilt, dass Gott zu seinem gegebenen Wort steht. Der Glaube muss sich im Handeln als wahr erweisen. Adolph Kolping sagt uns: „Das Christentum sind keine leeren Worte, sondern lebendige Handlungen.“ „Angst nimmt das Unglück vorweg,“ sagt ein Sprichwort. Angst kann anspornen, mit aller Kraft drohendes Unheil abzuwehren. Sie kann aber auch lähmen, und so erst recht zum Einfallstor für Unheil werden.
2.2 Die Urängste des Menschen sind ernst zu nehmen. Die Angst vor der Zerstörung unserer Lebensgrundlage ist eine Urangst des Menschen.
- Alte Menschen bangen darum, wie es gesundheitlich mit ihnen weitergeht. Was wird werden, wenn ich mir selber nicht mehr helfen kann? Auf Grund dieser Angst wünschen wir uns im Alter vor allem Gesundheit und viele einen schnellen Tod.
- Die im Erwerbsleben Stehenden fragen sich sorgenvoll: Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten? Wie soll mein Leben weitergehen, wenn ich meiner Aufgabe nicht mehr gewachsen bin, meine Arbeit verliere und keine mehr bekomme?
- Die Selbstständigen treibt die Sorge um: Wird mein Geschäft auch in einem oder zwei Jahren noch gehen? Bekomme ich genügend Aufträge herein? Werde ich im Konkurrenzkampf bestehen?
- Von den vielen zerbrechenden Ehe verunsichert fragen sich Verheiratete: Wird unsere Beziehung halten? Werden wir Ehekrisen bestehen? Können wir unseren Kindern trotz Berufstätigkeit jene Geborgenheit und Begleitung schenken, so dass sie sich gut entwickeln können?
- Viele Kinder bangen darum, ob ihre Eltern sich denn immer lieben und beieinander bleiben werden. Sie haben Angst, dass ihre Eltern verunglücken, schwer krank werden oder sterben.
- Viele Jugendliche sorgen sich um das Morgen: Werde ich einen Ausbildungsplatz bekommen? Werde ich einen Beruf ergreifen können, der mir liegt und mich befriedigt?
- Die meisten Eltern ängstigen sich um ihre Kinder, sie könnten Opfer von Triebtätern werden, durch schlechte Einflüsse der Medien, des Internets und von Freunden vom rechten Weg abgebracht werden.
- Alleinstehende fragen sich ängstlich: Wie kann ich den Teufelskreis der Isolation durchbrechen? Wird es mein Schicksal sein, allein durchs Leben gehen zu müssen?
- Und Sie als katholische Christen in diesem neu geschaffenen Seelsorgsbereich werden sich fragen, wie wird es mit dem katholischen Glauben, mit unserer Kirche hier im Münchberger-Helmbrechtser Raum weitergehen? Werden wir Wege finden, dass unsere Gemeinden lebendig und anziehend bleiben?
2.3 Jeder wehrt sich auf je eigene Weise gegen drohendes Unheil.
Bei vielen Gelegenheiten wünschen wir uns und anderen „alles Gute“. Wir wünschen uns gute Gesundheit und sind schon froh, wenn wir von gefährlichen Krankheiten verschont bleiben. Es ist unser Wunsch, dass uns der Wohlstand erhalten bleibt, obwohl uns schon länger klar ist, dass wir Abstriche werden hinnehmen müssen. Vier Pfarreien sollen sich nun eineinhalb Priestern teilen. Die Stelle der Gemeindereferentin wurde gestrichen und die Pastoralreferentin steht den vier Pfarreien nur zu 50% zur Verfügung. Nach dem ersten Sturm der Entrüstung, könnten wir darin sogar eine Chance entdecken: Noch mehr über den eigenen Kirchturm hinaus zu blicken und zu denken. Ein Netz des gegenseitigen sich Beistehens zu knüpfen. Junge Katholiken waren immer bereit über die Pfarreigrenzen einander zu begegnen und gemeinsam aktiv zu werden. Das Kolpingwerk hat solche Weitsicht und Weitherzigkeit ausgezeichnet . Dazu gehört z.B. auch, ältere Menschen, die kein Auto haben, zum Gottesdienst mitzunehmen. Besuchsdienste für kranke und einsame Menschen zu organisieren. Katholisch sein, heißt ja, das Ganze der Kirche im Blick haben, auch das dieser Region, wo immerhin 4000 Katholiken leben.
Wir sind heute in der Lage größere Entfernungen schnell zu überwinden, aber nicht nur, wenn die Fahrt zum Supermarkt oder in den Urlaub ansteht, sondern auch wenn es darum geht, die Sonntagsmesse miteinander zu feiern; denn "die Liturgie ist," wie die Liturgie Konstitution des 2.Vatik. Konzils sagt, "der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt."[3]
Wir dürfen und sollen uns von Gott Kraft erbitten für unsere Aufgaben und das Gelingen unseres Planens. Wir flehen ihn an, uns vor Unheil zu bewahren. Und doch kann jeder in eine Situation kommen, wo uns jeder irdische Halt und die diesseitige Zukunft genommen werden. Halten wir uns an die Empfehlung des um 330 in Cäsarea, in Kappadokien, also der heutigen Türkei, geborenen und dort wirkenden Kirchenvaters Basilius des Großen: "Häng dich nicht ans Vergängliche, als wäre es ewig, und verachte nicht das Ewige als wäre es vergänglich." Wir sind also gut beraten, wenn wir uns hier und heute im Ewigen festmachen. Nur dann werden wir, wenn es ernst, vielleicht todernst wird, stark genug sein, den Verheißungen Gottes zu trauen.
2.4 Mitten im Unheil dürft ihr das Heil erwarten,
das sagen uns die 1. Lesung und das Evangelium. Die Heilsverheißung Gottes will dem Klima der Enttäuschung und Resignation entgegentreten. Zugleich bittet Paulus in der 2. Lesung den Herrn darum, er möge uns wachsen und reif werden lassen in der Liebe zu einander und zu allen. Denn nur dadurch wird das Herz gefestigt auch im irdischen Unheil stand zu halten.
Zwei wichtige Grundsätze legen uns die Texte es 1. Adventssonntag uns ans Herz. Der erste Grundsatz lautet:
2.4.1 Jahwe ist der Urheber des Heils. „Seht, es werden Tage kommen...,“ verkündet Jeremia. Und tatsächlich kamen sie. Die Israeliten konnten wieder im Lande wohnen, säen, ernten und leben. Noch mehr ! Das Heil weist weit über die Gegenwart hinaus in eine von Gott geschenkte Zukunft: Es kommt der Tag, „da Gott den rechtmäßigen Spross Davids erstehen lässt.“ Die Urkirche erkennt in Jesus Christus diesen rechtmäßigen Spross Davids. Durch ihn geht uns auf: „Gott ist unsere Gerechtigkeit.“ Gott macht uns durch Jesus Christus, durch den Glauben an ihn gerecht. Sein Kommen in Herrlichkeit will uns nicht Angst machen. Wir sollen nicht, wie der auf seine Schuld fixierte Kain, den Kopf hängen lassen. Wir sind durch Christus erlöst. Das wurde uns in der Taufe zugesagt. Deshalb können wir erhobenen Hauptes in die Zukunft gehen. Aus den heutigen Schrifttexten leitet sich das Sprichwort ab: ”Wenn die Not am größten ist, dann ist Gottes Hilfe am nächsten.“ Um es mit den Worten Jesu im Evangelium zu sagen: „Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“ In dieser Dimension denkend hat Adolph Kolping 1855 Folgendes geschrieben: "Was in Zukunft kommt, weiß bloß der Herrgott und soll uns deshalb gar nicht all zu sehr erschrecken. Sorgen wir nur, dass wir selbst keine Schuld an dem Unglück in der Zukunft haben. Sehen wir nur scharf auf die Gegenwart, damit wir uns diese christlich zu Herzen nehmen und darin tun, was recht ist."[4] Der zweite Grundsatz des 1.Advent heißt:
2.4.2 Mitten im Unheil das Heil bezeugen Mitten im Unheil und den Minderungen des Lebens ist es unsere Berufung als prophetische Menschen der Welt zu zeigen, dass es eine Zukunft gibt, auch wenn das Irdische vergeht oder zerbricht. Denken wir an Jeremia: Doppelt eingesperrt, den Tod vor Augen, kauft er öffentlich einen Acker, der im von den Feinden besetzten Gebiet liegt. Ein hoffnungsloser Illusionist? Nein! Eines Tages wird er den Acker bebauen und seine Früchte ernten. 3. Die frohe Botschaft Gottes lautet für jeden in seiner ganz persönlichen Lebenssituation, aber auch für uns als christliche Gemeinde: Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht vor der Zukunft ganz gleich, was sie für uns als einzelne, als Volk, als Völkergemeinschaft bringt. Ich bin bei Euch! Und ich komme zu euch, um Euch zu retten. Adolph Kolping wurde nur 51 Jahre alt, aber sein Werk lebt heute auf der ganzen Welt fort. Was Wunder? 1851 sagte er: "Es ist keine Zeit zu feiern, zuzuschauen, gewähren zu lassen, bloß zu jammern, zu klagen, sondern es ist Zeit zu handeln, Zeit zu wirken, und zwar für jeden ohne Unterschied, wie es ihm nach Maßgabe seiner Kräfte und Mittel nur möglich ist."[5]
[1] Jer 21,10 [2] Jer 33,14 [3] SC 10 [4] RV 1855 S.408 [5] (FS 1851, S. 3)
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