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2007 (C) Osterzeit

Homilie zu Joh 13,31-35 am 5. Ostersonntag in der Vorabendemsse in Neunkirchen und am Sonntag zum Kirchweihfest in Großenbuch St. Johannes der Täufer

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Großenbucher Kirche während der Kirschblüte
Großenbucher Kirche während der Kirschblüte
Gottes Herrlichkeit in Jesus und in uns [1]


Was ist herrlich?

  • Da erzählt das Johannesevangelium vom letzten Abend Jesu. Der Verrat des Judas steht bevor, die Todesnähe ist bedrückend spürbar. Und dennoch redet Johannes ständig von Herrlichkeit. Gleich fünfmal in zwei kurzen Sätzen legt er Jesus das Wort „verherrlichen" in den Mund.


  • Ich frage ein Kind: was ist für dich herrlich? Es antwortet mir: Es ist herrlich, daß ich eine Mutter, eine Oma habe. Zu ihr kann ich immer kommen. Sie teilt meine Freude mit mir, aber auch meinen Kummer.
  • Ein Jugendlicher meint: Herrlich ist es für mich, wenn das Leben läuft, wie es sein soll, wenn es beruflich und familiär harmonisch zusammenwirkt. Herrlich ist für mich auch ein Ausdruck von Glücksgefühl.
  • Eine Frau mittleren Alters sagt kurz und bündig: Herrlichkeit das ist für mich Licht, Wärme, Gott.
  • Reden wir nicht vom herrlichen Wetter, wenn die Sonne scheint und mit ihrem Licht Leib und Seele erquickt? Ist es nicht herrlich, wenn in den Tagen des Frühlings alles wächst und blüht? In all dem und vielem mehr leuchtet uns etwas von der Herrlichkeit Gottes auf. Aber -

Herrlichkeit angesichts des Todes?

  • Wie kann Johannes in seinem Evangelium angesichts des Verrats und des bevorstehenden Todes Jesu diesem die Worte von der Verherrlichung in den Mund legen? Ist es nicht makaber angesichts des schrecklichen Endes Jesu von Verherrlichung zu sprechen?
  • Was meint dieses Wort: “Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen, und er wird ihn bald verherrlichen?“[2]

Die Herrlichkeit des Herrn, die Verherrlichung Jesu

  • Selbst angesichts des Todes kann Jesus von Herrlichkeit so sprechen, weil auch für ihn das Leben Vorrang hat, und Jahwe der Gott des Lebens ist. Gott ist in Jesus verherrlicht schon während seines öffentlichen Wirkens.
  • Im Blick auf das ganze Johannesevangelium wird schnell deutlich: Herrlich, faszinierend ist für Jesus nicht der Tod, sondern das Leben. Von den vielen Gestalten des Lebens, die ihm entgegenkommen, von der Hochzeit zu Kana bis zur Salbung in Betanien durch die Sünderin lässt er sich anrühren, faszinieren. In diesen Gestalten des Lebens wird für ihn die Wirklichkeit Gottes ansichtig. Es ist herrlich für ihn, das Leben anzuschauen - im Blick auf die Herrlichkeit Gottes, der das alles möglich macht. In einem Kanon singen wir: „Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich, der Herr freue sich seiner Werke,“
  • Ständig spricht Jesus von dem, was wir zum Leben brauchen: vom Brot, vom Wasser, von der Nähe liebender Menschen, von der Nähe Gottes. Er will, daß wir das Leben haben und es in Fülle haben. Er will, dass wir lebendig sind.
  • Gerade weil er von all dem fasziniert ist, sieht Jesus auch in bedrückender Klarheit, wie viel dem Leben entgegensteht, wie viel Menschen dem Leben entgegensetzen. Doch er sieht keinen Grund, von diesen dunklen Seiten wegzuschauen. Ganz im Gegenteil, er sieht ganz genau hin, versucht zu entdecken, wo selbst in scheinbar hoffnungslosen Situationen noch Lebendigkeit steckt, wo es etwas zu entfalten gibt.
  • Mit der Frau am Jakobsbrunnen, die schon mit sieben Männern zusammengelebt hat, spricht er so lange, bis sie für sich in Jesus die Quelle von Lebendigkeit neu entdeckt.
  • Für die Ehebrecherin und ihre Ankläger, die schon die Tod bringenden Steine aufgehoben haben, findet er einen Ausweg ins Leben.
  • Und selbst der schwere Stein vor dem Grab des Lazarus hindert ihn nicht, die Spur des Lebens zu verfolgen. Er ruft den vor vier Tagen Gestorbenen ins Leben zurück. Überall wo Jesus wirkt, leuchtet die Herrlichkeit Gottes auf.
  • Als Johannes in seinem Evangelium im Lichte der Auferweckung Jesu vom letzten Abend Jesu berichtet, hat er bereits erfahren, daß auch der grausame Tod Jesu für Gott kein Hindernis war, dem Leben zum Durchbruch zu verhelfen. Jesus hat darauf vertraut, daß auch sein Tod noch dem Lebenswillen Gottes entspricht. So verherrlicht er in dieser extremen Lebenssituation Gott. Durch die Auferweckung des bis in den Tod am Kreuz gehorsamen und liebenden Jesus verherrlicht Gott sich, wird seine den Tod besiegende Herrlichkeit offenbar.
  • Gott erhöht Jesus zu seiner Rechten und verherrlicht ihn so in sich. Jesus lebt von diesem Augenblick an ganz und gar von der Herrlichkeit Gottes durchdrungen. Darum beten wir das Opfer Christi feiernd durch Christus, mit ihm und in ihm Gott an.
  • Worin aber besteht die Herrlichkeit Gottes und seines auferstandenen Christus? Die Herrlichkeit Gottes meint sein Wesen, das, was er ausstrahlt. Sein Wesen aber ist Liebe, sagt Johannes in einem seinem 1. Brief.[3]

Zum zweiten wird die Herrlichkeit des Herrn offenbar
Wenn ihr einander lieben wie er uns geliebt hat.

  • Vor diesem großartigen Horizont legt Jesus den Seinen seinen wichtigsten Wunsch, sein neues Gebot ans Herz. „Liebt einander wie ich euch geliebt habe.“[4] Die ”Neuheit” des Gebotes bedeutet keine Antithese zum atl. Gebot der Nächstenliebe - es ist deshalb neu, weil es durch Jesu Leben und Sterben eine einzigartige Zuspitzung erfährt.
  • Die Liebe als Erkennungszeichen der Jünger weist in die Zukunft. Es geht um die Zukunft die späteren Gemeinden bis herauf in unsere Zeit und darüber hinaus. Nur wer liebt, kann Gott, sein wahres Wesen, erkennen.[5] Nur wenn ich in Jesus offenbar gewordenen Liebe Gottes bleibe, sie zum Maßstab meines Lebens, meines Denkens und Handelns mache, bleibe ich in Gott und bleibt Gott in mir.[6]
  • Einfach ist das nicht. Liebe kann man weder befehlen, noch Gefühle der Liebe verordnen. Der Blick auf den Lebenshorizont Jesu macht deutlich, daß es da nicht um prickelnde Gefühle geht, wie sie Verliebte erfahren. Es geht nicht darum, all meine Ängste, Antipathien und Distanzbedürfnisse zu verleugnen.
  • Es geht darum, so zu lieben, wie er uns geliebt hat, es geht um eine Entscheidung: „Ich will ein Liebender, eine Liebende sein", verbunden mit der Bitte: Jesus, liebe du in mir! „Schauen wir einmal nach links und nach rechts. Da sehen wir Menschen, die wir kennen, und solche, die wir nicht kennen, solche, die wir mögen, und andere, bei denen uns das schwer fällt.“ Dabei werden wir bedenken: „Wir alle aber stehen nicht nur nebeneinander, sondern auch vor Gott.“[7] „Ich schaue mein Gegenüber - und mich selbst - an und suche nach Punkten der Lebendigkeit, nach Keimen des Lebens. Und dann tue ich alles, was in meiner Macht steht, diese Keime zu nähren, und zu beseitigen, was sie am Wachsen hindert."[8]

Wenn wir lieben wie er, dann bleiben wir ‚dem Leben auf der Spur'

  • Oft ist das recht einfach. In Kindern zum Beispiel steckt unendlich viel Energie, Wachstumswille, den zu entdecken, eine Freude ist. Da wächst ein Mensch zu einer Gestalt heran, deren Schönheit und Reichtum immer mehr zu Tage tritt. Ähnliches gilt für all die Menschen, denen es zurzeit geschenkt ist, sich zu entfalten, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Sich daran zu freuen, dabei mitzuhelfen, ist faszinierend und belebend.
  • Bei andern, die auf der Schattenseite des Lebens stehen, die ihre Arbeit verloren haben oder keine finden, die von Krankheiten oder menschlichen Verlusten betroffen sind, ist die Spur des Lebens schwerer zu entdecken. Aber umso wichtiger ist es, genau hinzuschauen, wo man bei ihnen dem Leben auf die Sprünge helfen kann. Bei Menschen in einer tiefen Lebenskrise, Menschen, die plötzlich allein sind, Menschen, denen die körperlichen und geistigen Kräfte schwinden. Auch in ihnen steckt noch Leben, gibt es etwas, woran sie sich, woran wir uns freuen können. Das zu entdecken, wichtig zu nehmen und groß zu machen - das heißt „lieben''.
  • Und selbst bei denen, die wir nicht ausstehen können, die uns vielleicht tief verletzt haben, bei denen, die uns bedrängen, die wir als Konkurrenten oder Konkurrentinnen sehen: Auch da können wir versuchen, unseren Blick zu wenden. Weg von dem, was mich in unguter Weise an sie fesselt, hin zu dem, was in ihnen an Gutem, Wertvollem steckt.
  • Und ich möchte noch einen Schritt weitergehen: Lieben - das kann in der Nachfolge Jesu auch heißen, einen Menschen in Frieden sterben zu lassen, ihn freizugeben, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Das Leben, auch sein Leben wird ja durch Gottes schöpferische Liebe neu werden. Lieben heißt: Dem Leben auf der Spur bleiben, sich von der Lebendigkeit in all ihren Formen faszinieren zu lassen, heißt jetzt schon darin etwas von der Herrlichkeit Gottes zu entdecken.
  • Sind wir selber aber Liebende, Menschen die dem Leben trauen, weil Gott es mit uns in Jesus lebt, dann werden wir als Jüngerinnen und Jünger Jesu von anderen Menschen als solche erkannt. Dann ist Gott in uns verherrlicht, wird seine Herrlichkeit durch uns für andere erfahrbar. Und Gott wird auch uns so wie Jesus in sich verherrlichen. Wir werden seine Herrlichkeit einmal ganz schauen und verkosten.
  • All das wird uns hier auf der Erde immer nur begrenzt gelingen. Ungetrübt die Herrlichkeit Gottes und des Lebens zu feiern - das wird erst im Himmel möglich sein. Aber es gibt genügend Gründe, heute, morgen und übermorgen und immer wieder mit der Spurensuche zu beginnen.
  • In der ersten Lesung berichten Paulus und Barnabas der Gemeinde in Antiochien, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.[9]
  • In der zweiten Lesung aus der Offenbarung des Johannes sieht dieser in prophetischer Schau den neuen Himmel und die neue Erde.10 Und er sieht unser künftiges Zuhause, das neue Jerusalem, das von Gott her auf uns zukommt, wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Welch eine herrliche Verheißung! Hochzeitliches Liebesglück kommt von Gott her auf uns zu!


[1] Homilie zu Joh 13,31-35
[2] Joh 13,31
[3] 1 Joh 4,8. 16b
[4] Joh 13,14
[5] 1 Joh 4,8
[6] 1 Joh 4,16b
[7] Gottesdienst 2007/07
[8] PK 1998/3/338 f. Michael Bongardt, Lieben heißt: dem Leben auf der Spur bleiben.
[9] Apg 14,27
10 Offb 21,2

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