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Predigten

Predigt zum 6.Sonntag i. Jk. (B) in der Filialkirche in Rosenbach

Tut alles zur Verherrlichung Gottes[1]

1. Alfred Delp, als Glaubenszeuge

1945 von den Nazis hingerichtet, schreibt während seiner Haft in sein Tagebuch: „In dieser Situation meines Lebens wird mir eines immer klarer: ein Leben ist verloren, wenn es sich nicht in ein inneres Wort, in eine Haltung, in eine Leidenschaft zusammenfaßt. Der Mensch muß unter einem geheimen Stichwort stehen, das jedes seiner Stunden verpflichtet und jede seiner Handlungen bestimmt. Nur der so geprägte Mensch wird Mensch sein können, jeder andere wird Dutzendware, über den andere verfügen.“

2. Das geheime Lebens Stichwort

des Paulus lautet: „Tut alles zur Verherrlichung Gottes.“
Gott soll in unserem Tun und Lassen, in unserem Denken und Reden, in unserem Lieben und Leben groß herauskommen. Es kommt nicht so sehr darauf an, was ich tue, sondern mit welcher Einstellung. Ich kann mir beim Essen den Bauch vollhauen und beim Trinken mich vollaufen lassen. Ich kann aber auch in Dankbarkeit vor Gott Speis und Trank genießen. Das Tischgebet, ob und wie wir es vollziehen, ist ein Anhaltspunkt für unsere Gesinnung.
Paulus möchte, daß die Ehre, die Verherrlichung Gottes, zum geheimen Lebensschlüsselwort der Christen in Korinth, aber auch der Christen aller Generationen und Zeiten wird. Die Frage, die ich mir als Christ stellen werde, heißt darum: Kommt das wahre Wesen Gottes, seine Herrlichkeit, in meinem Leben, in meinem Denken und Tun groß heraus? Wird bei mir und durch mich seine Herrlichkeit, das was ihn ausmacht, sichtbar und erfahrbar? Die Frage, die ich mir als Christ am Beginn eines jeden Tages und Werkes stelle, lautet:

2.1 Wie kann ich Gottes Herrlichkeit erfahrbar für andere machen?

Drei Aussagen der heutigen 2. Lesung aus dem 1. Korintherbrief bringen uns diese Aufgabe nahe:

2.1.1 Paulus fordert die Korinther auf: „Nehmt mich zum Vorbild, wie ich mir Christus zum Vorbild nehme,“ (1 Kor 11,1)
2.1.2 „Ich suche allen in allem entgegen zu kommen.“ (1 Kor 11,33a)
2.1.3 „Ich suche nicht meinen Nutzen, sondern den Nutzen aller, damit sie gerettet werden.“

Zu den angeführten drei Punkten:

2.1.1 Paulus lebt vor, was er mit Worten empfiehlt.

Gott kommt bei uns nur dann groß heraus, wenn wir nicht nur über ihn und zu ihm reden, sondern auch seine Art im Umgang mit unseren Mitmenschen annehmen.
Wie Gott zu den Menschen ist, können wir am besten an Jesus ablesen. Das ständige Hinsehen und Hinhören auf Jesus ist deshalb nötig. Im Hinhören auf sein Evangelium lernen ich, wie Jesus mit den Menschen umgegangen ist. Die entscheidende Frage bei meinem Umgang und meinen Begegnungen mit den Menschen heißt also: „Wie würde jetzt Jesus mit diesem Menschen umgehen, der mir gerade begegnet.“
Ich gebe zu, das ist nicht leicht. Auch mir gelingt das nicht immer. Ich kann mich dieser Haltung nur annähern, wenn ich täglich meinen Tag unter dieses geheime Stichwort stelle und am Abend mein Gewissen prüfe, wie ich es heute damit gehalten habe. Auch ich muß damit immer wieder vor vorne anfangen. Und es gelingt nur, wenn ich mir wie Paulus Jesus zum Vorbild nehme.

2.1.2 Paulus kommt den Menschen entgegen.

Er begegnet ihnen mit innerer Offenheit. Er ist nicht reserviert. Er kapselt sich nicht ab.
Die Frage, die sein Vorbild an uns stellt, heißt: bin ich ein entgegenkommender Mensch? Oder warte ich immer nur darauf, daß mir die anderen entgegenkommen? Gehe ich auf meine Mitmenschen freundlich, wohlwollend und großherzig zu?
Oder kreise ich nur um mich selber, pflege meine innere Abneigung? Gehe mit gepanzertem Herzen und heruntergelassenen Jalousien durch die Welt?

2.1.3 Paulus sucht nicht den eigenen Nutzen, sondern den Nutzen aller.

Es ist nicht leicht in einer Ellbogengesellschaft aus der egoistischen Haltung des Eigennutzes auszusteigen und auf den Nutzen aller bedacht zu sein. Schließlich leben heute viele nach der Devise: Ich will für mich herausholen, was herauszuholen ist. Aber wenn wir so denken und handeln, dann wird unser Staats- und Wirtschaftsgefüge zerbrechen.
Paulus will uns dazu anregen, daß wir uns fragen: Was tue ich, was allen nützt? Wo kann ich mich nützlich machen im Staat, in der Kirche, in der Gemeinde, in der Familie, in der Gemeinschaft, in der ich lebe?
Was kann ich tun, damit nicht alles den Bach hinuntergeht und unser Gemeinwesen, unsere Kirche, bei uns nicht untergeht? Wer so fragt, wird schnell seinen Beitrag finden. Er wird entdecken, daß gerade die ehrenamtlichen Dienste eine Gemeinschaft, auch unsere Pfarrgemeinde am Leben erhalten.
Ein solcher Dienst ist auch das Gebet für andere. Und wenn sie einen kranken, gebrechlichen Menschen zu pflegen haben, machen sie am Morgen die gute Meinung: Herr, ich will mich diesem Menschen mit Deiner Liebe zuwenden und dich dadurch verherrlichen. Sie werden erleben, wie sie dadurch motiviert und beseelt werden. Sie können den Dienst an dem anvertrauten Menschen entgegenkommender und zugewendeter erfüllen können
Am Lebensweg des Paulus ist ablesbar,

2.2 wie ein Mensch zu einer solchen Einstellung kommt.

Bevor Paulus Christ wurde, war er Pharisäer. Leider ist der Begriff Pharisäer negativ belastet und wir denken dabei an Menschen, die sich verstellen. Dies ist falsch.
Pharisäer waren Menschen im ersten Gottesvolk, die konsequent sich und anderen beweisen wollten, daß sie etwas leisten und darstellen, was für das Kommen des Messias von Bedeutung ist. Paulus war voller Eifer und Einsatz für seinen Glauben, bis ihm der Auferstandene vor Damaskus erscheint und ihm offenbart, daß er die Anhänger des von Gott auferweckten Messias verfolgt.
Paulus hat durch das Eingreifen des Auferstandenen gelernt: Nicht eigene religiöse Anstrengung zwingt das Reich Gottes herbei, schon gar nicht Fanatismus, sondern Gott schenkt sich in Jesus Christus unverdient dem Menschen. Aus Gnade, durch die unverdiente liebende Zuwendung Gottes, sind wir gerettet. Die Aufgabe des Menschen ist es, sich für dieses Geschenk Gottes offen zu halten, sich ihm zur Verfügung zu stellen.
In Jesus hat Gott uns gezeigt: Der Messias kommt nicht auf die Erde, um aus sich etwas zu machen, sondern um aus uns etwas zu machen: nämlich Kinder Gottes, Erben des Reiches Gottes. Er will aus uns Menschen formen, die sich von Gott angenommen und geliebt wissen, und deshalb selbst bereit werden, andere anzunehmen, zu lieben, zu beschenken.
Jesus von Nazareth war Mensch, nicht um seine Ehre zu retten, sondern um uns Ehre zu bringen. Und diese Ehre wird uns zuteil, wenn wir wie er dem Leben und Heil der Menschen dienen. Im Johannesevangelium spricht Jesus: „Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren“.[2]
Paulus geht es nur noch um das Eine: alles zur Verherrlichung, zur Ehre Gottes zu tun, damit möglichst alle gerettet werden, indem sie das Liebesangebot Gottes, sein Erbarmen annehmen. Um dies der ganzen Schöpfung, den Getauften wie den Ungetauften offenbar zu machen, verschwendet er sein Leben.

2.3 Dafür setzt er alles ein!

Um die Zuwendung Gottes zum Menschen geht es ihm. Das ist ihm wichtig. Der Jünger, die Jüngerin sind dazu ausersehen, dies durch ihr Leben sichtbar und erfahrbar zu machen. Von daher ist die Mahnung zu verstehen: „Gebt weder Juden noch Griechen, noch der Kirche Gottes Anlaß zu einem Vorwurf!“ [3]
Paulus denkt sich mit Liebe und Phantasie in die Menschen hinein, in seine Freunde und in seine Gegner. Er kann Wesentliches vom Unwesentlichen, Wichtiges vom Unwichtigem unterscheiden. Er ist durch seinen Blick auf Jesus davor geschützt, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.
Paulus hat das Wesentliche, den uns in Jesus liebend zugewandten Gott vor Augen. Darum kann er gelassen sein und innerlich frei. Geht es um den Kern, dann wird er ernst und konsequent. In unwesentlichen Dingen ist er großzügig. Er weiß, was er will und wozu er da ist. Darum kann ihn niemand manipulieren.
Das geheime Stichwort seines Lebens prägt ihn und macht ihn frei: „Tut alles zu Verherrlichung Gottes.“ Könnte das nicht auch das geheime Stichwort deines und meines Lebens sein? „Ich tue alles zur Ehre, zur Verherrlichung Gottes.“

[1] Homilie zu 1 Kor 10,31 - 11,1

[2] Joh 12,26
[3] 1 Kor 10,32

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