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Predigten

Palmsonntag Homilie zu Mk 11,1-10 in Rödlas

Begeisterung und Mitgehen[1]

Im vergangenen Jahr habe ich es erlebt. Tausende sind zur Papstaudienz auf den Petersplatz gekommen. Fast zwei Stunden warten wir geduldig. Punkt 10 Uhr kommt Papst Benedikt. Überall begeisterte »Benedetto« Rufe. Erst recht als der Papst mit dem Papamobil über den Petersplatz durch die Menschenmenge fährt. Den Begeisterungsstürmen kann sich keiner entziehen.

Ähnliches ereignet sich am Palmsonntag in Jerusalem. “Hosanna! Gepriesen sei er, der kommt im Namen des Herrn!” So jubelt die Menge dem Wanderprediger Jesus aus Nazaret zu. Markus beschreibt von allen vier Evangelisten den Einzug Jesu in Jerusalem am nüchternsten: Grasbüschel statt Palmen, kein Zitat aus der Heiligen Schrift, keine kritisierenden Pharisäer, die Jesus souverän zurechtweist, und keine “schreienden Steine” (Joh 19,40); der Evangelist Markus verliert über den Esel mehr Worte als über den ganzen Einzug.[2]

Nicht hoch zu Ross, sondern auf einem Esel, dem Lasttier der kleinen Leute, zieht Jesus in die heilige Stadt ein.

Das Volk bekennt: Jetzt hat sich erfüllt, was die alten Schriften verheißen, der Messias ist gekommen, die Rettung und das Heil für das auserwählte Volk ist greifbar nahe. Jetzt wird alles gut! “Gepriesen sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt! Hosanna Gott in der Höhe!“

Begeisterung aber heißt noch nicht, dass die Menschen schon begriffen hätten, worum es wirklich geht. Sie verstehen nicht, dass Jesus ein Gottesreich verkündet, das nichts mit politischer Größe und militärischer Stärke zu tun hat. Es ist so ganz anders als die Staatengebilde der Erde; “mein Reich ist nicht von dieser Welt,“ wird der Messias am Karfreitag zu Pilatus sagen.

Regiert wird das messianische Reich von einem König, der sich den Armen und Schwachen zuwendet, der selbst in Armut und Schwachheit gelebt hat, der für Kranke und Not Leidende da ist, der Trauernde tröstet, Menschen von ihren Lasten und Sorgen befreit, und der sich schließlich in die Hände derer begibt, die mit brutaler Gewalt ihre Ziele zu erreichen versuchen. Das alles haben die Hosanna-Rufer nicht begriffen.

Und trotzdem haben sie Recht: Es ist der Messias, der Inbegriff von Frieden, Gerechtigkeit und bedingungsloser Liebe, der da auf dem Esel in Jerusalem einreitet. Der Jubel ist gerechtfertigt. Jesu Sendung als Gesalbter Gottes findet in Jerusalem ihr Ziel – aber nicht im Tempel, sondern auf Golgota, der “Schädelhöhe.“ “Es ist vollbracht,“ wird er dort sagen, seine Aufgabe ist erfüllt. Das zeigt uns die Passion, die Leidensgeschichte, die in der Messe vor uns hingestellt wird.

Der Einzug in Jerusalem macht deutlich, dass die Befreiung Israels oder gar die Verbesserung der Welt nicht mit irdischen Methoden zu erreichen ist. Deshalb wird sich auch das “Hosanna!” in das “Kreuzige ihn!” verwandeln.

Wir haben am Beginn dieser Feier unser Hosanna gerufen, Jesus als unserem Messias, als dem König unseres Herzens bekannt. Die ersten Boten des Frühlings in der Hand haltend, sind wir mit ihm zu unserer Kirche gezogen. Der Priester stellt bei dieser Prozession Jesus dar. Das rote Gewand, das ich trage, sagt uns: Jesus ist unser König, der seine Reich nicht mit Gewalt aufrichtet, sondern mit Liebe; mit einer bis zum letzten Atemzug anhaltenden Liebe;

Er richtet sein Reich der Liebe und des Friedens auf, indem er sich ganz an die Welt und uns Menschen verströmt bis zum Vergießen seines Blutes, durch das sein Leben und seine Liebe die Erde durchtränkt.

Hosanna heißt "Hilf uns doch". Wie das Kyrie ist auch das Hosanna nicht nur ein Bittruf. Es ist zugleich eine Huldigung an Gott, dem wir zutrauen, dass er helfen kann.

Unser “Hosanna” gilt einem Messias, der auf irdische Gewalt verzichtet, der mitleidet, Mitleid hat, das Kreuz auf sich nimmt und durch den Tod hindurch dem Leben in Fülle entgegengeht. In bedingungsloser Liebe und Hingabe äußert sich seine Macht, sein Königreich, das nicht von dieser Welt ist, und das durch ihn in diese Welt und auch zu uns kommt. Und die Gekreuzigten unserer Tage, die Beladenen, Unterdrückten, Gequälten, die Zu-kurz-Gekommenen, Verzweifelten, Furchtsamen, Armen und Schwachen dürfen aufatmen: “Hosanna Gott in der Höhe! – Gott in der Höhe du bist unsere Hilfe!”

Durchaus ein Grund begeistert zu sein. Aber was noch wichtiger ist, dass wir mit Jesu den Weg gehen in den Abendmahlsaal, hinaus zum Ölberggarten, hinauf nach Golgota, ins Grab und zur Auferstehung in die Fülle des Lebens beim Vater im Himmel.

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[1] Homilie zu Mk 11,1-10

[2] In Liturgie Konkret digital: Robert Weinbuch, Anregungen zur Predigt