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2006

Homilie zum 22.Sonntag B in der Sonntagvorabendmesse (Silberhochzeit) und in der Sonntagsmesse in Rödlas

 

Auf die Kultur des Herzens und der Liebe achten [1]

Die Schönheit des Glaubens

Die erste Lesung zeigt uns die Schönheit und Würde des Glaubens an Jahwe, den Gott Israels, den Gott und Vater Jesu Christi. Er ist der Gott, "der uns nahe ist, wo immer wir ihn anrufen." Er ist ein uns zugewendeter und sich erbarmender und liebend naher Gott. Dieses aus dem Glauben kommende Wissen gibt unserem Leben und unseren Beziehungen einen tragfähigen Grund. Gottes Gebote sind wollen uns nicht knechten, sondern unser Leben schützen und unser irdisches Glück und unser ewiges Heil zu fördern.

Der Glaube an den gegenwärtigen und uns nahen Gott, hat dem Gottesvolk des ersten wie die dem Gottesvolk des neuen Bundes durch alle Verfolgungen hindurch bis heute Bestand verliehen. "Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht", ruft der Prophet Jesaja den Einwohnern von Samaria zu, die sich von Jahwe abgewandt haben.

Positiv gewendet heißt dies: Glaubt und Ihr werdet Bestand haben! Glaubt an die Liebe Gottes, wie sie sich in Jesus zeigt, lernt von ihm, zu einander wie Dienende zu sein, also dem Leben, dem Glauben, dem Glück des Partners zu dienen und Euere Beziehungen und Euere Ehe werden Bestand haben! Dient einander in aufmerksamer Liebe und Ihr werdet als Familie und als Volk in eine gute Zukunft gehen.

Bund mit Gott und Ethos

Der Antwortgesang aus Psalm 15 zeigt, dass aus dem Bund Gottes mit uns Menschen eine dem Menschen dienende sittliche Haltung hervorgehen will, die, wird sie gelebt, dem an Gott Glaubenden Segen bringt:

Gast sein bei Gott, in seiner Leben spendenden Nähe verweilen, darf jeder, der dieses mitmenschliche Ethos beachtet, zu dem uns der Bund mit Gott anhält. Unser Streben nach Glück findet darin seine Erfüllung, wie der Beter des Psalms 73 bekennt: „Gott nahe zu sein ist mein Glück.“[2]

Bundesgerechtes Verhalten zeigt sich im rechten Denken über die Mitmenschen, im wahren und guten Wort über sie. Wer den Bund mit Gott lebt, hängt sein Herz nicht an Geld und Macht. Er ist nicht bestechlich.

Er hält sein Versprechen, das er seinem Nächsten geben hat. Dazu gehört in besonderer Weise auch das Eheversprechen, das vor Gott und seiner Kirche geschah: "Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau, als meinen Mann. Ich verspreche dir die Treue in guten und schweren Tagen, in Gesundheit und Krankheit. Ich will dich lieben, achten und ehren bis der Tod uns scheidet."

Beschenkte werden zu Schenkenden

Die zweite Lesung aus dem Jakobusbrief leitet uns an, gelingendes Leben, das Glück und die Fruchtbarkeit der Liebe, also alles was gut und wunderbar ist, nicht als ein blindes Geschick sehen, das etwa von der Konstellation der Himmelskörper abhängt. Er hält Gelingen und Glück nicht für selbstverständlich, sondern erkennt es als gute Gabe und Geschenk unseres Gottes, den Jesus liebevoll, Abba, guter Vater nennt, und von dem die Propheten sagen, dass er uns mehr liebt als eine Mutter ihr Kind lieben kann. Die Gestirne sind Gottes Geschöpfe, aber nicht des Menschen Schicksal.

Wer gelungenes Lieben und Leben, wer Glück und gute Gaben als Geschenk Gottes sehen kann, wer sich also als Beschenkter erfährt, der wird selber zum Schenkenden. Er wird nicht nur Worte machen, dass den Armen und Not Leidenden zu helfen sei, sondern er wird nach seinen Möglichkeiten helfen, wo und wie er nur kann. (Sie beide haben in Ihrer beruflichen Arbeit tagtäglich reichlich Gelegenheit dazu.) Die in der Tat sich zeigende Liebe z.B. gegenüber Witwen und Waisen, bezeichnet Jakobus als "reinen und makellosen Dienst vor Gott, dem Vater."

Der große Geistliche Denker Karl Rahner kennzeichnete daher echte Liebe so: "Wahre Liebe zu einem bestimmten Menschen ist nur dort gegeben, wo die Liebe zur Liebe aller aufschließt." 

Menschliche Vorschriften und Gottes Gebot

Oft sind wir Menschen, wie das heutige Evangelium zeigt, von vielen Gesetzen und Vorschriften so vereinnahmt, dass wir das Wesentliche des Lebens und unserer eigenen Existenz nicht mehr wahrnehmen. Die Flut der Gesetze und Vorschriften kann nur noch von Fachleuten wie Rechtsanwälten überschaut werden. Saftige Geldstrafen oder Gefängnis lehren uns auf der Hut zu sein. Gott sei’s gedankt, dass wir vor ihm nicht so leben müssen.

Jesus hilft uns zwischen Gottes Gebot und menschlichen Satzungen, selbst wenn sie aus der religiösen Ecke kommen, zu unterscheiden. Zu viele Vorschriften zeigen immer den Verlust der Liebe und der Verantwortung für den Nächsten an. Wo aber Angst und Vorsicht das Verhalten der Menschen bestimmen, da hat die Liebe kaum mehr eine Chance.

In der Frage, was macht den Menschen rein oder unrein vor Gott, kommt es Jesus vor allem auf das Herz an, oder wie Johannes Paul II es formuliert hat, auf die Kultur der Liebe und des Lebens. Jede Ehe, jede menschlichen Beziehung, steht und fällt mit der gut ausgebildeten oder der unterentwickelten Kultur des Herzens und der Liebe.

Daher werden wir auf die Regungen unseres Herzens achten und sie täglich vor dem Angesicht Gottes und seinen Geboten, vor allem dem Hauptgebot der Liebe auf den Prüfstand stellen, ob sie mit der Liebe, die Gott ist, vereinbar sind oder aus der Missachtung oder gar der Verneinung der Liebe kommen.

Weise handeln

Worin besteht also die Weisheit und Bildung des Gottes Volkes von dem die 1. Lesung spricht?

Die Bibel ist kein Rezeptbuch von Detailanweisungen für jede denkbare Lebenslage. Es geht ihr vielmehr um jene menschliche Grundhaltung, die sich dem menschenfreundlichen Gott verbunden weiß. Aus diesem in Gott Gegründet sein werden wir das Leben mit all seinen Herausforderungen annehmen und gestalten.

Von den vielen Kulturgütern wird uns vor allem die dem Leben dienende Kultur der Liebe und des Herzens immer wichtiger werden.


[1] Bibeltexte: 1. L Dtn 4,1–2.6–8; 2. Antwortges. Ps 15,1-5; 3.L Jak 1,17–18.21b-22.27; Ev Mk 7,1–8.14–15.21–23