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2006

Homilie zu Spr 8,30 f. und den Texten des 21.So. (B) gehalten in der Sonntagvorabendmesse in Neunkirchen und als Kirchweihpredigt in Rosenbach

Gott ist mit Wonne bei den Menschen[1]

Aufbau des barocken Hochaltars in St. Michael Neunkirchen a.Br.
Aufbau des barocken Hochaltars in St. Michael Neunkirchen a.Br.
Zwei aussagekräftige Bilder

leuchten uns vom Aufbau des früheren Hochaltares entgegen. Unten das Bild des Erzengels Michael, der aus dem Licht Gottes kommend und auf es verweisend über den Teufel hinwegschreitet. Der krönende Abschluß der Retabel, so nennt man diesen Aufbau, zeigt uns Jesus Christus in der Herrlichkeit des Vaters. Das Christusmonogramm IHS mit dem Herzen, dem Kreuz und den Nägeln inmitten der Herrlichkeit Gottes.

Diese beiden Bilder sind durch eine kostbar gefaßte Inschrift verbunden, die in Verbindung mit den Bibeltexten des 21.Sonntags das Thema dieser Predigt sein soll:

Deliciae meae esse cum filiis Hominum -

»Meine Wonne, meine Freude ist es mit den Menschen zu sein, oder bei den Menschen zu wohnen«. Dieser Text aus dem Buch der Sprichwörter spricht vom lebendigen Gott. Sein Wort, sein Geist und seine Weisheit durchdringen die Schöpfung.

Die Weisheit wird als redende Person vorgestellt.

Ihr Ursprung reicht in die Ewigkeit Gottes hinein. Sie ist von Anfang an bei Gott, aber sie ist auch in der Welt und bei den Menschen. Das Wirken Gottes in seiner Schöpfung ist getragen von seiner Weisheit. Sie ist sein geliebtes Kind, das spricht: "Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund, und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein."[2]

In seiner Schöpfung und im Wort der Verkündigung ist Gott mit seiner Weisheit bei uns.

Es ist für ihn eine Wonne bei uns zu sein, mitten unter uns zu wohnen. Seine Weisheit ist hier im wahrsten Sinn des Wortes im Spiel. Unser Gotteshaus strahlt sie aus. Jedes Jahrhundert hat seinen Teil dazu beigetragen. Auch wir durften an diesem Spiel der Schönheit mitwirken durch die große Renovierung, die 1995 abgeschlossen wurde.

Für Gott ist es eine Wonne bei uns Menschen zu sein.

Das ist eine große Ehre und Auszeichnung für uns.

Keinen schließt er aus. Im Umgang Jesu mit Zöllnern und Sündern zeigt uns Gott, daß er auch und gerade bei Sündern einkehren möchte. "Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist." Von Zachäus z.B. heißt es: "Er nahm Jesus freudig bei sich auf."

Sünder sind wir allemal;

denn keinem von uns gelingt es, voll und ganz auf die Liebe Gottes Antwort zu geben durch unsere Gottes- und Nächstenliebe. Immer spüren wir die Tendenz der Absonderung in uns, der Absonderung von Gott, von uns selber und unseren Mitmenschen. Aber Gott kommt durch seine Weisheit auf uns zu, will durch Jesus bei uns sein, bei uns wohnen. Denn so schreibt Paulus den Korinthern: "Jesus Christus, der Gekreuzigte, ist "Gottes Kraft und Gottes Weisheit." [3]

Nehmen wir seine Weisheit, nehmen wir Jesu Christus so freudig auf wie eins der Zöllner Zachäus oder wie Marta und Maria? Hat er uns ja verheißen, daß er mitten unter uns ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.[4] Wenn ich zum Gottesdienst in das Haus Gottes komme, ist dies immer ein Zeichen dafür, daß ich der Freude und Wonne Gottes entgegeneile.

Von der Weisheit heißt es, daß sie vor Gott spielte allezeit.

Liturgie ist ein heiliges Spiel, wo wir zweckfrei und froh vor ihm sind, wie spielende Kinder. Natürlich, jedes Spiel hat seine Ordnung, sonst wird daraus Chaos. Auch die Liturgie hat ihre Ordnung, ihre Gesten, aber sie ist vor allem Spiel. Spiel verträgt keine Hektik. Jedes Spiel braucht Selbstvergessenheit, Hingabe. Viele sind heute dazu nicht mehr fähig. Deshalb sprach schon Guardini vor 40 Jahren von der Liturgieunfähigkeit der heutigen Menschen. Der mediengeprägte Mensch ist angesteckt von der Selbstinszenierung. Das einfache, freudige vor Gott sein, fällt uns heute schwer.

Ob wir nicht einfach immer wieder diesen wunderbaren Weisheitsspruch, den die Initiatoren der barocken Umgestaltung unserer Pfarrkirche vor 250 Jahren dort anbringen ließen, in unser Herz und unseren Geist aufnehmen sollten? Aus ihm leuchtet uns ansprechend die unermessliche Liebe Gottes entgegen: "Meine Freude, meine Wonne ist es, bei den Menschenkindern zu sein."

Weil es Gottes Wonne ist bei uns Menschen zu sein, deshalb

werden wir uns (1.Les.) für ihn entscheiden,

so wie Josua, der das Volk Israel zur Entscheidung für Jahwe aufruft. Er geht dabei mit gutem Beispiel voran: „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“[5] Und sein Beispiel kommt beim Volk an. Die Israeliten erinnern sich an die Wunder und den Schutz Gottes auf ihrem Weg aus der Sklaverei in die Freiheit.

Auch wir haben auf unser eigenes Leben und auf die Geschicke unsers Volkes blickend allen Grund uns der Wunder Gottes dankbar zu erinnern: An die Befreiung aus der schrecklichen Diktatur der Nationalsozialisten 1945 und der Kommunisten durch die friedliche und gewaltlose Wiedervereinigung unseres Landes 1989. Vergessen wir nicht, was für ein Glück es ist, dass wir seit 60 Jahren in Frieden und schließlich auch im Wohlstand leben können.

Auch wir sind immer wieder zur Entscheidung aufgerufen, ob wir dem lebendigen Gott oder den vergänglichen Göttern dieser Welt dienen wollen. Gut für uns, wenn wir wie die Israeliten damals antworten können: „Auch wir wollen dem Herrn dienen; denn er ist unser Gott.“[6]

Weil es Gottes Wonne ist bei uns Menschen zu sein und uns durch Christus gerettet und geheiligt hat,

werden Mann und Frau (2.Lsg.) ihre Beziehung aus der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus gestalten,[7]

werden die Männer ihre Frauen lieben und für sie da sein, wie Christus uns, seine Kirche liebt und für uns da ist.[8] Die Frauen werden ihren Männer zugewandt sein und sie lieben, wie die Kirche Christus zugewandt ist und ihn liebt. Er hat sich für sie, für Mann und Frau am Kreuz hingegeben und ist für sie, für uns seine Kirche da bis ans Ende der Zeiten, nährt und pflegt sie durch sein befreiendes Wort und das Brot des Lebens, das ER selber ist. So gelten in der Beziehung von Mann und Frau nicht mehr gesellschaftliche Gegebenheiten, sondern es geht einzig darum, dass jeder dem Glück und dem Leben, dem irdischen Wohl und dem ewigen Heil des Partners dient.

Weil es Gottes Wonne ist mit seiner Weisheit und Liebe bei uns zu sein, können wir

die Antwort der Liebe geben, auch wenn wir nicht alles begreifen.(Evang.)

Dass Jesus der Christus, der Messias Gottes, der Retter der Welt ist, der von Gott kommt und schließlich zu Gott hinaufsteigt, wie das Evangelium sagt, ist auch für uns oft nur auf das Irdische fixierte Zeitgenossen nur schwer begreifbar. Nur Gott selber kann durch seinen Heiligen Geist unseren Geist erleuchten, dass Jesu Worte für uns Geist und Leben sind.

Wenn der christliche Glaube auch unser Begreifen übersteigt, eines kann uns aber doch einleuchten: Unser Gott ist ein Gott, der bei uns Menschen sein will. Deshalb ist er in Jesus Mensch geworden, zeigt er sich uns in einem menschlichen Antlitz, freut sich mit uns, leidet mit uns, stirbt mit uns. Nimmt unsere menschliche Natur in der Auferweckung Jesu mit hinauf in den Himmel, in die Fülle seines Lebens, in die Ewigkeit.

Weil es Gottes Wonne ist, bei uns Menschen zu sein, können wir bei aller Versuchung, den christlichen Glauben loszulassen und uns anderen Heilslehren zuzuwenden, also zu gehen, doch mit Petrus bekennen: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ [9] Weil es Gottes Wonne ist bei uns Menschen zu sein,

dürfen wir jetzt frei und losgelöst wie spielende Kinder vor ihm sein.

Jeder spielt seinen Part: der Priester, die Mesner, die Ministranten, die Organisten, die Kantoren, der Kirchenchor, die Lektoren und Kommunionhelfer, die singende und betende Gemeinde. Die Weisheit Gottes will uns anstecken vor ihm das Spiel der Liturgie zu wagen. In der Liturgie will Gott uns verwandeln, mit seiner Weisheit und Liebe erfüllen, so daß es auch für uns eine Freude ist, bei unseren Menschenschwestern und -brüdern zu sein, einander zu lieben, wie Christus uns geliebt und für uns hingegeben hat; Füreinander dazu sein, sowie Gott durch Christus für uns da ist.


[1] Texte vom 21.So.: 1. L Jos 24,1–2a.15–17.18b; 2. L Eph 5,21–32; Ev Joh 6,60–69
[2] Spr 8,30 f.
[3] 1 Kor 1,24
[4] Mt 18,20
[5] Jos 24,15 b
[6] Jos 24,18
[7] Eph 5,21
[8] Eph 5,25
[9] Joh 6,68

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